Die chinesische Regierung unternimmt einen ersten wichtigen Schritt

Prof. Dr. Jan Viebig, Chief Investment Officer der ODDO BHF SE, kommentiert wöchentlich was die Märkte bewegt. In seinem aktuellen CIO View analysiert er das am 12. Oktober vom chinesischen Finanzminister angekündigte Maßnahmenpaket. Damit die chinesischen Aktienmärkte jedoch die Bewertungslücke zu anderen Aktienmärkten schließen, ist es Viebig zufolge unerlässlich, dass die Regierung einen Weg aufzeigt, wie sie die strukturellen Schwachstellen der chinesischen Wirtschaft beheben will.
18. Oktober 2024
Foto: © TTstudio - stock.adobe.com

Prof. Dr. Jan Viebig, Chief Investment Officer der ODDO BHF SE, kommentiert wöchentlich was die Märkte bewegt. In seinem aktuellen CIO View analysiert er das am 12. Oktober vom chinesischen Finanzminister angekündigte Maßnahmenpaket. Damit die chinesischen Aktienmärkte jedoch die Bewertungslücke zu anderen Aktienmärkten schließen, ist es Viebig zufolge unerlässlich, dass die Regierung einen Weg aufzeigt, wie sie die strukturellen Schwachstellen der chinesischen Wirtschaft beheben will.

In diese Richtung hat die Führung einen ersten Schritt getan. Es müssen weitere, konkrete, folgen, vor allem im Hinblick auf die Fiskalpolitik und Strukturreformen:

„Die chinesische Regierung zeigt sich entschlossen, die wirtschaftliche Malaise zu bekämpfen. Ende September hatte die Notenbank eine erste Serie von Maßnahmen bekanntgegeben. …

Die Vorgehensweise war insgesamt aggressiver als bei vorangegangenen Gelegenheiten, zumal Regierung und Notenbank ankündigten, dass die Maßnahmen noch ausgeweitet werden könnten. Angesichts der strukturellen Probleme Chinas – Immobilienkrise, hohe Verschuldung der lokalen Regierungen (Provinzen, Städte) und Konsumschwäche – reichen die Instrumente der Notenbank jedoch nicht aus. Entsprechend hatte die chinesische Führung energische finanzpolitische Schritte in Aussicht gestellt. Das gefiel den Marktteilnehmern. … Unserer Meinung nach wurden allerdings etwas zu viele Vorschusslorbeeren verteilt.

Nachdem die Veranstaltung der Regulierungsbehörde Anfang vergangener Woche eher enttäuschend ausgefallen war, konzentrierte sich das Interesse der Marktteilnehmer auf die Pressekonferenz des Finanzministeriums am Samstag (12. Oktober). Wer allerdings auf eine Sammlung billionenschwerer Ausgabenpakete gehofft hatte, kam vermutlich nicht auf seine Kosten. Finanzminister Lan Fo’an bekräftigte die Absicht, der Wirtschaft mit gezielten, aufeinander aufbauenden Maßnahmen neuen Schwung zu verleihen. Sieben Maßnahmen nannte das Finanzministerium am Samstag, 12. Oktober:

  1. Die Regierung stellt angesichts der Schuldenkrise der lokalen Regierungen diesen 400 Milliarden Renminbi (56 Milliarden US-Dollar) aus ungenutzten Emissionsquoten der Vorjahre zur Verfügung.
  2. Mittel aus einem ungenutzten Anleihekontingent von 2,3 Billionen Renminbi (325,3 Milliarden US-Dollar) sollen durch lokale Regierungen genutzt werden können.
  3. Die Schuldenobergrenze der lokalen Regierungen soll einmalig und deutlich angehoben werden, damit diese ihre versteckten Schulden umschichten können
  4. Lokale Regierungen dürfen mithilfe von Sonderanleihen brachliegende Grundstücke von Bauträgern aufkaufen, die in Schwierigkeiten geraten sind.
  5. Die Märkte für Gewerbeimmobilien und für staatlich subventionierte Wohnungen sollen gestützt werden.
  6. Die Mehrwertsteuer auf normale Wohngebäude soll abgeschafft werden.
  7. Die Quote für Studienbeihilfen soll verdoppelt und der Betrag je Person erhöht werden.

… Die Probleme der chinesischen Wirtschaft beschränken sich aber nicht auf den Immobiliensektor und die damit eng verbandelten Schuldenprobleme der Lokalregierungen. … Der Konsum stockt, industrielle Überkapazitäten drücken auf die Preise. China zeigt deflationäre Tendenzen. Die Immobilienkrise zu bekämpfen, wird nicht genügen. Der Erfolg des chinesischen Wirtschaftsmodells hängt im Wesentlichen davon ab, dass – neben der Fortsetzung staatlicher Infrastrukturprojekte — die schwache Konsumnachfrage stimuliert wird.

Bisher jedoch fehlt in den Aussagen des Finanzministers eine Kernaussage: Die Marktteilnehmer wünschen sich eine konkrete Zahl, in welchem Umfang die Regierung den lahmenden Konsum und die schwächelnde Nachfrage stimulieren will. Der Markt erhofft sich nach den weitgehend unpräzisen Ausführungen des chinesischen Finanzministers vom Samstag, dass die Regierung diese Zahlen nach der kommenden Sitzung des Ständigen Ausschusses des Nationalen Volkskongresses nachreichen wird. Diese soll Ende Oktober 2024 stattfinden.

Trotz des jüngsten Kursfeuerwerks sind chinesische Aktien relativ zu den Gewinnen weiterhin moderat bewertet. Auf kurze Sicht sind weitere Kursgewinne nicht auszuschließen. …“

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