“Die biologische Vielfalt geht rapide zurück”

Vor einigen Wochen fand die Weltklimakonferenz COP 27 statt. Wenig ergebnisreich, so der Tenor in den Medien. Anlass genug, mit Luc Olivier, Manager des Echiquier Climate & Biodiversity Impact Europe bei LFDE, über Impact Investing, Klimaabbkommen und seine Fondsphilosophie zu reden. Der II-Expertentalk.
12. Dezember 2022
Luc Olivier - Foto:© LFDE

Vor einigen Wochen fand die Weltklimakonferenz COP 27 statt. Wenig ergebnisreich, so der Tenor in den Medien. Anlass genug, mit Luc Olivier, Manager des Echiquier Climate & Biodiversity Impact Europe bei LFDE, über Impact Investing, Klimaabbkommen und seine Fondsphilosophie zu reden. Der II-Expertentalk.

INTELLIGENT INVESTORS: Die Weltklimakonferenz COP 27 ist vorüber — welche Ergebnisse und Fortschritte hat es aus Ihrer Sicht gegeben?
Luc Olivier:
Während die COP 21 noch zu einer konkreten Einigung führte, nämlich dem Pariser Klimaabkommen, war dies bei der COP 27 nicht der Fall. Es gibt jedoch mehrere ermutigende Entwicklungen: insbesondere die Gründung eines Ausgleichsfonds für „Schäden und Verluste“, die durch den Klimawandel ausgelöst werden innerhalb der am meisten gefährdeten Länder. Außerdem die Beibehaltung der Zielsetzung des Glasgow-Klimapakts zur Reduzierung der fossilen Energien sowie der schrittweise Ausstieg aus der Kohleverstromung. Die wichtigsten Fortschritte gab es also vor allem bei der Anpassung an den Klimawandel und nicht bei dessen Bekämpfung.

II: Wo liegen die größten Herausforderungen beim Erhalt der Biodiversität, auch auf breiterer gesellschaftlicher Ebene?
Olivier:
Die Herausforderungen sind zahlreich und dringend. Die biologische Vielfalt geht rapide zurück. Laut WWF sind seit den 1970er Jahren weltweit fast 70% der Wildtiere ausgestorben. Über 50% des weltweiten BIP sind von der Biodiversität und den Ökosystemdienstleistungen abhängig. Wir müssen unsere Gewohnheiten verändern – beispielsweise bei der Bodennutzung oder Umweltbelastungen, um den Druck auf die Biodiversität zu mindern. Die Hauptschwierigkeit liegt darin, die negativen Auswirkungen unserer Tätigkeiten auf die Biodiversität zu messen. Dies wäre der erste Schritt zu ihrer Erhaltung. Da diese Auswirkungen sich lokal bemerkbar machen, lassen sie sich nur mit Mühe erfassen; aber mit dieser Frage beschäftigen sich mittlerweile zahlreiche Initiativen. Wir bei LFDE sind ferner der Auffassung: Eine der Grundvoraussetzungen für eine erfolgreiche Klimawende besteht darin, ihre Sozialverträglichkeit zu gewährleisten.

Im Vorfeld der COP 15 in Montréal, bei der es um die Biodiversität geht, hat sich LFDE einer Gruppe von Anlegern angeschlossen, die die Staaten auffordern, sich ehrgeizige Ziele zu setzen und gemeinsam die Erklärung Moving Together on Nature zu unterzeichnen, die ähnliche Ziele wie das Pariser Klimaabkommen verfolgt. Außerdem verstärken wir unser Engagement gegenüber Unternehmen, bei denen die Biodiversität Teil der Strategie ist, denn wir sind überzeugt, dass sie entscheidende Bindeglieder für den Schutz der biologischen Vielfalt sind.

II: Impact-Investing: Wie ist der Impact-Ansatz bei LFDE strukturiert? Können Sie Unternehmen als Beispiel nennen?
Olivier:
Impact-Anlagen[1] spielen nach unserem Dafürhalten eine Schlüsselrolle. Sie führen denjenigen Unternehmen Kapital zu, welche ehrgeizige Maßnahmen für den Schutz der Biodiversität ergreifen oder Lösungen für ihren Schutz bzw. ihre Wiederherstellung entwickeln, indem sie Herausforderungen wie beispielsweise die Entwaldung, die Bekämpfung der Meeresverschmutzung oder die regenerative Landwirtschaft angehen. Als Pioniere des Impact-Investing in Frankreich haben wir die Herausforderung der Biodiversität in die Zielsetzungen unseres Klimawende-Fonds Echiquier Climate & Biodiversity Impact Europe[2] aufgenommen. Diese Strategie, die in Einklang mit Artikel 9 der Offenlegungsverordnung steht, soll alle Sektoren einbeziehen. Dies gilt auch für Sektoren wie beispielsweise die Pharma- und die Finanzbranche, die in traditionellen Fonds unterrepräsentiert sind und deren Wandel wir beschleunigen wollen. Wir bevorzugen drei Unternehmensprofile: Lösungsanbieter wie z.B. SCA[3], Europas größten Waldbesitzer, der seine Wälder nach den beiden weltweiten Standards PEFC und FSC zertifizieren ließ und eine strenge Politik zum Schutz der Biodiversität verfolgt, für die wir uns engagieren. Zweitens Pioniere mit systemischer Bedeutung wie z.B. Croda, ein Hersteller kritischer Inhaltsstoffe für die Pharma- und Kosmetikbranche sowie die Landwirtschaft, die überwiegend natürlichen Ursprungs sind. Und drittens Unternehmen, die ihren Wandel eingeleitet haben und die wir begleiten, indem wir unser Engagement auf gemeinsame, langfristig verfolgte Ziele ausrichten und verstärken; ein Beispiel dafür ist das Unternehmen Neste, das zu aus Biomasse hergestelltem Dieselkraftstoff übergeht.

II: Welche Veränderungen haben Sie dieses Jahr angesichts des aktuellen Marktumfelds, der restriktiven Geldpolitik der Zentralbanken und der Folgen des Ukraine-Kriegs umgesetzt und was bedeuten Herausforderungen wie die Inflation und die Rezessionsängste für Anlagen?
Olivier:
Angesichts dieses inflationären Umfelds und der Rezessionsängste haben wir defensive Wachstumswerte und hochwertige Titel mit hoher Preissetzungsmacht bevorzugt. Wir haben unsere Exposures in besonders zyklischen Titeln verringert und im Gegenzug die konjunkturbeständigsten Titel – AstraZeneca, L’Oréal – nachgekauft und in Siemens Healthineers, dem Marktführer in der medizinischen Bildgebung, angelegt. Gleichzeitig haben wir vor dem Hintergrund der von Europa angestrebten Energieunabhängigkeit und der steigenden Strompreise die Positionen in Erzeugern erneuerbarer Energie wie beispielsweise EDPR erhöht.

II: Wie sieht kurz vor Jahresende Ihr Ausblick für 2023 aus? Wie lauten Ihre vier Themen oder „großen Schritte“ im neuen Jahr?
Olivier:
Aus unserer Sicht wird die Inflation 2023 ihren Höhepunkt erreichen, während weiterhin restriktive Geldpolitiken verfolgt werden, indem die Zinsen weiter erhöht werden – wenn auch in langsamerem Tempo. Ausgehend von Europa, das wegen der Energiekrise in die Rezession abgleiten könnte, dürfte sich die Wirtschaftsentwicklung weltweit verlangsamen. Global gesehen gibt es weiterhin ermutigende Faktoren wie den Rückgang der Rohstoffpreise seit dem Sommer, die hohe Sparquote der Privathaushalte und das mögliche Ende der Null-Covid-Politik in China. In der Eurozone ist das Bankensystem gut kapitalisiert, was in der Vergangenheit nicht immer der Fall war. Ferner haben sich die Bewertungen in Europa abgeschwächt, sodass wir Einstiegspunkte in bestimmte hochwertige Titel vorfanden. In drei bis fünf Jahren könnte dies aus unserer Sicht einen interessanten Einstiegspunkt darstellen.

[1] Anleger sollten beachten, dass ihre Anlage im Fonds keine unmittelbare Auswirkung auf die Umwelt und die Gesellschaft hat, sondern dass der Fonds solche Unternehmen für Anlagen auswählt, die den in der Verwaltungsstrategie festgelegten präzisen Kriterien entsprechen.

[2] Der Fonds unterliegt hauptsächlich dem Kapitalverlust- und Aktienrisiko, dem Risiko aufgrund von Anlagen in Aktien mit kleiner und mittlerer Marktkapitalisierung und dem Wechselkursrisiko. Für alle weiteren Informationen über seine Merkmale, Risiken und Kosten nehmen Sie bitte die gesetzlich vorgeschriebenen Dokumente auf unserer Website www.lfde.com zur Kenntnis.

[3] Die genannten Aktien sind lediglich Beispiele. Ihr Vorhandensein in den verwalteten Portfolios und ihre Wertentwicklung sind nicht garantiert.

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