Der stille Aufstieg der Liquidität am Private-Equity-Zweitmarkt

Institutionelle Investoren in Deutschland stehen vor immer komplexeren Herausforderungen, wenn es darum geht, ihre Portfolios effizient zu steuern und gleichzeitig auf Marktveränderungen zu reagieren. Eine zunehmend bedeutendere Option zur Verbesserung von Liquidität und Risikomanagement ist der Einsatz von Secondaries – dem Zweitmarkt für Fondsanteile im Bereich Alternative Investments, insbesondere Private Equity.
28. Oktober 2024
Richard Wilmes - Foto: Copyright Golding

Institutionelle Investoren in Deutschland stehen vor immer komplexeren Herausforderungen, wenn es darum geht, ihre Portfolios effizient zu steuern und gleichzeitig auf Marktveränderungen zu reagieren. Eine zunehmend bedeutendere Option zur Verbesserung von Liquidität und Risikomanagement ist der Einsatz von Secondaries – dem Zweitmarkt für Fondsanteile im Bereich Alternative Investments, insbesondere Private Equity.

In den vergangenen Jahren hat sich dieser Markt dynamisch entwickelt und ist mittlerweile ein unverzichtbares Werkzeug, das sowohl institutionellen Investoren als auch Fondsmanagern neue Möglichkeiten eröffnet. Doch was genau macht den Sekundärmarkt so attraktiv, und wie können Investoren ihn für ihre langfristigen Strategien nutzen?

Aufstieg aus der Nische zu einer festen Größe im Investmentuniversum

Der Zweitmarkt für Private Equity, oft als Secondaries bezeichnet, hat sich von einer Nischenlösung zu einer festen Größe im Investmentuniversum entwickelt. Einst galt er als Instrument für Investoren, die kurzfristig aus einem Fonds aussteigen wollten – sei es aufgrund unerwarteter Liquiditätsbedarfe oder enttäuschender Performance. Heute jedoch hat sich das Bild gewandelt: Secondaries bieten nicht nur eine Exit-Strategie, sondern auch eine Möglichkeit zur effizienten Portfoliosteuerung und Liquiditätsoptimierung. Diese Flexibilität ist besonders in Zeiten von Marktunsicherheiten, wie wir sie derzeit erleben, von unschätzbarem Wert.

Ein weiterer Vorteil besteht in der Umgehung der sogenannten J‑Kurve. Die J‑Kurve ergibt sich daraus, dass Gesamtwert eines neu aufgelegten Private-Equity-Fonds typischerweise zu Beginn der Investmentperiode unter den Buchwert der erworbenen Unternehmen          sinkt. Bei Private-Equity-Investitionen dauert es in der Regel einige Jahre, bis signifikante Renditen realisiert werden. Durch den Einstieg über den Zweitmarkt können Investoren bereits etablierte Fondsanteile erwerben und somit schneller von den Erträgen profitieren. Dies reduziert nicht nur das Risiko, sondern ermöglicht auch eine präzisere Steuerung des Portfolios.

LP-led- und GP-led-Transaktionen: Flexibilität für Investoren und Fondsmanager

Im Secondaries-Markt dominieren zwei Transaktionstypen: LP-led und GP-led. Beide bieten Investoren unterschiedliche Vorteile, abhängig von ihren Zielen und Liquiditätsanforderungen.

Bei LP-led-Secondaries verkaufen Investoren, die Anteile an einem Private-Equity-Fonds halten, ihre Positionen vorzeitig an andere Investoren. Diese Art der Transaktion ermöglicht es den Verkäufern, kurzfristig Liquidität zu generieren oder strategische Anpassungen im Portfolio vorzunehmen. In den zurückliegenden Jahren, insbesondere während der Zinswende, war diese Art von Transaktion ein wichtiges Instrument, um Überallokationen abzubauen und das Portfolio auf die veränderten Marktbedingungen abzustimmen.

GP-led-Secondaries dagegen ermöglichen Fondsmanagern (General Partners) den Transfer einzelner Unternehmen aus einem bestehenden Fonds in einen neuen Fortführungsfonds. Dies gibt den Investoren die Wahl: Sie können entweder ihre Beteiligung an einem attraktiven Unternehmen fortsetzen oder durch den Verkauf ihrer Anteile Liquidität freisetzen. Gleichzeitig erhalten Fondsmanager die Möglichkeit, weiterhin in erfolgreiche Unternehmen zu investieren und deren Potenzial auszuschöpfen.

Secondaries im aktuellen Marktumfeld

Das derzeitige Marktumfeld, geprägt durch Zinsanpassungen und eine Verlangsamung des M&A‑Marktes, bietet sowohl Chancen als auch Herausforderungen für Investoren. Der Wunsch nach Liquidität bleibt hoch, da viele institutionelle Investoren ihre Portfoliostrukturen anpassen müssen. In den vergangenen Jahren hat sich gezeigt, dass Secondaries eine wertvolle Lösung sind, um kurzfristige Liquiditätsbedarfe zu decken, ohne dabei langfristige Renditeziele zu gefährden.

Zudem lässt sich mit Secondaries von attraktiven Preisabschlägen profitieren. Gemäß aktuellen Daten von Jefferies wurden LP-led-Secondaries 2023 im Durchschnitt mit einem Abschlag von durchschnittlich 88 Prozent des Buchwertes gehandelt. Für erfahrene Investoren, die in der Lage sind, diese Preisabschläge zu nutzen, bieten sich erhebliche Chancen auf überdurchschnittliche Renditen.

Gleichzeitig ist der Markt für GP-led-Secondaries weiter gewachsen. Diese Transaktionen machen mittlerweile fast die Hälfte des gesamten Secondaries-Marktes aus, und der Trend zeigt weiter nach oben. Für Fondsmanager und Investoren bietet dies eine zusätzliche Flexibilität, um ihre Portfolios effizient zu steuern und gleichzeitig auf Marktveränderungen zu reagieren.

Chancen und Herausforderungen für institutionelle Investoren

Für institutionelle Investoren in Deutschland hält der Secondaries-Markt eine Vielzahl an Chancen bereit, um ihre Portfolios zu optimieren und Liquiditätsanforderungen zu managen. Es ist jedoch wichtig, die verschiedenen Transaktionsarten und Marktbedingungen genau zu verstehen, um fundierte Entscheidungen treffen zu können.

Eine der größten Herausforderungen bleibt die Preisvolatilität, insbesondere in Zeiten wirtschaftlicher Unsicherheit. Obwohl Secondaries attraktive Renditechancen bergen, können sie auch mit erheblichen Risiken verbunden sein. Investoren sollten daher sorgfältig prüfen, welche Anlagestrategie für ihre individuellen Ziele am besten geeignet ist.

Zudem ist die zunehmende Komplexität des Marktes nicht zu unterschätzen. Während LP-led-Transaktionen eine relativ klare Struktur haben, erfordern GP-led-Secondaries oft eine tiefere Analyse der zugrunde liegenden Unternehmen und deren Wachstumspotenzial. Eine enge Zusammenarbeit mit erfahrenen Fondsmanagern und spezialisierten Beratern ist daher unerlässlich, um die besten Investmentchancen zu identifizieren.

Die Vorteile von Secondaries nutzen

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass der Secondaries-Markt für institutionelle Investoren eine wertvolle Möglichkeit ist, ihre Portfolios effizienter zu steuern und gleichzeitig auf Marktveränderungen zu reagieren. Die folgenden drei Punkte sollten dabei besonders berücksichtigt werden:

Liquidität und Flexibilität: Mit Secondaries können institutionelle Investoren kurzfristig Liquidität generieren und gleichzeitig ihre Portfoliostruktur strategisch anpassen.

Attraktive Renditechancen: Durch den Erwerb von Fondsanteilen zu Preisabschlägen können Investoren von attraktiven Renditechancen profitieren, insbesondere im aktuellen Marktumfeld.

Effiziente Portfoliosteuerung: Sowohl LP-led- als auch GP-led-Secondaries ermöglichen es Investoren, ihre Portfolios effizienter zu steuern und auf Marktveränderungen zu reagieren, ohne langfristige Renditeziele zu gefährden.

Secondaries sind mehr als nur ein Mittel zum Zweck – sie sind ein strategisches Instrument, das institutionellen Investoren hilft, die Komplexität des modernen Marktes zu meistern und gleichzeitig attraktive Renditen zu erzielen.

Autor: Richard Wilmes, Partner & Head of Secondaries bei Golding Capital Partners

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