Der ELTIF 2.0 ist im Kommen. INTELLIGENT INVESTORS sprach mit Klaus Weber, Geschäftsführer PATRIZIA GrundInvest, zu diesem Vehikel und dem hauseigenen Infrastruktur-ELTIF.
INTELLIGENT INVESTORS: Herr Weber, die PATRIZIA will noch in diesem Herbst einen Infrastruktur-ELTIF auflegen. Warum jetzt so ein Produkt, wo doch Ihr Unternehmen eher als Vermögensverwalter für Immobilien bekannt ist?
Klaus Weber: Gerade haben wir unser 40-jähriges Firmenjubiläum gefeiert. Und Sie haben recht: 1984 begann die Geschichte der PATRIZIA im Immobiliensegment. Aber wir haben auch langjährige Expertise im Management internationaler Infrastrukturanlagen für institutionelle Investoren. Unser Team von PATRIZIA Infrastructure investiert seit etwa 27 Jahren rund um den Globus in solche Assets. Patrizia verwaltet ein Infrastrukturvermögen im Wert von ca. acht Milliarden Euro. Warum ein ELTIF, und warum gerade jetzt? Ganz einfach: Mit einem ELTIF können wir unser Portfolio und unsere Expertise im Bereich Infrastruktur nun auch einem breiteren, privaten Anlegerpublikum zugänglich machen. Bisher konnten davon ausschließlich institutionelle und semiprofessionelle Investoren profitieren. Mit einem ELTIF sind seit diesem Jahr ganz neue, interessante Strukturen möglich.
II: Sie spielen auf die Reform des ELTIF an, auch ELTIF 2.0 genannt. Was ist neu?
Weber: Den European Long-Term Investment Fund, kurz ELTIF, hat die EU schon 2015 eingeführt, damit mehr Anleger von langfristigen, nicht börsengehandelten Assets profitieren können, zum Beispiel Infrastruktur oder Immobilien. Eigentlich eine gute Idee, aber jahrelang gab es relativ wenig Angebot und noch weniger Nachfrage. Das lag zum einen daran, dass eine Mindestzeichnungssumme von 10.000 Euro und ein verfügbares Kapital von 100.000 Euro für die Beteiligung an einem ELTIF gesetzlich vorgeschrieben waren. Man musste also schon recht vermögend sein, um mitmachen zu können. Diese Hürde ist jetzt weggefallen: Anbieter dürfen nun Produkte für jedermann auflegen, und das haben wir vor.
Hinzu kommt, dass Anbieter nun auf ein viel größeres Universum von Ziel-Assets zurückgreifen. Das ist eine kleine Revolution. Besonders interessant ist, dass wir mit einem ELTIF jetzt auch in Spezialfonds investieren dürfen. Viele der Assets mit dem größten Potenzial stecken in Fonds, die nur für wenige institutionelle Anleger zugänglich sind. Unser Infrastruktur-ELTIF wird auch Kapital in solchen Spezialfonds anlegen. So können langfristig orientierte Privatanleger auch mit kleinem Budget zum ersten Mal an diesen Assets partizipieren.
II: Sprechen Sie von Anlagen zur Erzeugung erneuerbarer Energien?
Weber: Wind- und Solarparks sind eine Gruppe von Assets, die für uns durchaus infrage kommen. Allerdings ist die Nachfrage nach dieser Art von Assets im Moment sehr groß – mit entsprechenden Auswirkungen auf die Preise und somit auf die Renditen. Aber es geht eben nicht nur um erneuerbare Energien. Infrastruktur ist viel mehr, zum Beispiel die Stromnetze, die mit immer stärker schwankendem Stromangebot aus den Erneuerbaren umgehen müssen. Oder riesige Anlagen für Erzeugung, Weiterleitung und Speicherung von Wasserstoff, den man braucht, um auch die Industrie CO2-neutral zu machen. Oder Technologien, die die Versorgungsnetze effizienter machen. Allein die Straßenbeleuchtung kann mit smarten Technologien einen Großteil der heute verbrauchten Energie einsparen. Auch in die klassische Infrastruktur wie Straßen und Schienenwege fließen in den nächsten Jahren riesige Summen. Oder in die sogenannte soziale Infrastruktur, wozu zum Beispiel Kindergärten und Pflegeheime zählen.
II: Braucht man nicht immenses Fachwissen, um in so viele verschiedene Projekte zu investieren?
Weber: Ja, und hier kommen die langjährige Markterfahrung und der hervorragende Track-Record unseres Infrastructure-Teams ins Spiel. Mehr als 60 hochspezialisierte Experten bringen die Erfahrung aus mehr als 130 Transaktionen ein. Nur so können sie ständig intensiven Kontakt zu ihren Märkten halten, um die interessantesten Angebote zu erhalten oder von Opportunitäten überhaupt erst zu erfahren. Und nur so können sie deren Potenzial realistisch einschätzen. Der ELTIF bietet die Möglichkeit, die Risiken, die sich aus den einzelnen Marktsegmenten ergeben, stark zu streuen. Eine Diversifikation kann bei unserem ELTIF über die Anlageklassen Infrastructure-Debt und ‑Equity erfolgen sowie durch eine Streuung der Assets über die vier Megatrends der Infrastruktur: digitaler Wandel, urbaner Wandel, Energiewende und Wandel der Lebensgewohnheiten. Darüber hinaus ist auch eine geografische Streuung in Europa und den OECD-Staaten möglich.
II: Werden bei einer solchen Struktur nicht auf zwei Ebenen Gebühren fällig, auf der des Dachfonds und auf der der Zielfonds?
Weber: Bei Investitionen in PATRIZIA-Zielfonds wird keine Doppelbelastung für die Anleger entstehen. Sofern ein von PATRIZIA verwalteter Zielfonds eine Verwaltungsvergütung erhebt, wird der auf diesen Zielfonds entfallende Anteil der Verwaltungsvergütung der jeweiligen Anteilklasse des ELTIFs um diesen Betrag gekürzt.
II: Welche Arten von Assets kommen noch als Anlageziele für Ihren Infrastruktur-ELTIF infrage?
Weber: Nach dem neuen ELTIF-Regime kann er in eine Vielzahl von Assetklassen investieren, sofern sie im Einklang mit den eigenen Anlagerichtlinien stehen. Der Fokus des „Infrastructure Invest“ liegt auf den oben bereits erwähnten Megatrends. Neben Anteilen an Fonds kommen auch Direktbeteiligungen an Infrastrukturanlagen oder außerbörsliche Beteiligungen an den entsprechenden Unternehmen infrage. Auch Kreditvergaben an solche Firmen sind möglich, hier spricht man von „Infrastructure Debt“. Unsere Investmentstrategie gibt uns die Freiheit, immer dort zuzuschlagen, wo sich die größten Chancen bieten.