Der Fortschritt in der Energiewende eröffnet neue Geschäftsmodelle

Rekordhohe Temperaturen, immer früher einsetzende Dürreperioden, verheerende Waldbrände und Wirbelstürme, dramatische Überschwemmungen – die Auswirkungen des Klimawandels sind für alle sichtbar und spürbar. Eine im Auftrag der deutschen Bundesregierung durchgeführte Studie prognostiziert, dass deren volkswirtschaftliche Kosten bis zum Jahr 2050 in Deutschland allein auf bis zu 900 Mrd. Euro ansteigen könnten.
27. September 2024
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Rekordhohe Temperaturen, immer früher einsetzende Dürreperioden, verheerende Waldbrände und Wirbelstürme, dramatische Überschwemmungen – die Auswirkungen des Klimawandels sind für alle sichtbar und spürbar. Eine im Auftrag der deutschen Bundesregierung durchgeführte Studie prognostiziert, dass deren volkswirtschaftliche Kosten bis zum Jahr 2050 in Deutschland allein auf bis zu 900 Mrd. Euro ansteigen könnten.

Diese Herausforderung kann nur mit gigantischen Investitionen in Technologie und Infrastruktur bewältigt werden. Zur Illustration herausgegriffen die Schätzung der Internationale Agentur für Erneuerbare Energien (Irena) aus dem Jahr 2022, derzufolge weltweit jährlich 5,7 Bio. US-Dollar bis 2030 in erneuerbare Energien investiert werden müssen, um das Ziel von Netto-Null bis 2050 erreichen zu können.

Ein Gutteil der nötigen Lösungen steht schon heute zur Verfügung. Geothermie, Biomasse, Photovoltaik, Wind- und Wasserkraft werden stetig verbessert: “Power Kites”, die Höhenwinde in Strom umwandeln; Wasserturbinen, die das Leben im Meer weniger stören; Sonnenkollektoren, die höherem Ertrag bringen; Rotoren, die Windenergie zum Antrieb von Frachtschiffen nutzen, oder Systeme, die aus Abwärme Strom machen.

Fortschritte gibt es auch bei den Technologien, die eine bessere Integration dieser Energiequellen in das bestehende Stromsystem ermöglichen. Weil die größeren Schwankungen der – naturgemäß unsteten – regenerativen Energiequellen die Stabilität des Stromnetzes gefährden, braucht es intelligentere digitale Systeme – Stichwort „Smart Grids“ – die die Stromflüsse im Netz managen. Auch die Frage der (dezentralen) Speicherungsmöglichkeiten von sauberer Energie wird immer wichtiger.

Für institutionelle Investoren ergeben sich dadurch attraktive Chancen. Zugleich sind sie von den Regulatoren angehalten, ihre Investitionsstrategien angesichts der zunehmenden klimatischen Herausforderungen anzupassen, um sowohl ökonomische als auch ökologische Verantwortung zu übernehmen.

Dementsprechend haben sich Investitionen in die Energiewende zu einem Megatrend mit langfristigem Potenzial entwickelt. Bereits in den vergangenen zehn Jahren haben sich die globalen Investitionen in die Energiewende laut Bloomberg New Energy Finance (BNEF) etwa verfünffacht. Im Jahr 2022 erreichten die weltweiten Investitionen in diesem Sektor, wie BNEF berichtet, mit 1,1 Bio. US-Dollar sogar einen historischen Höchststand.

Der Anstieg der Zinsen hat zwar die Liquidität an den Finanzmärkten insgesamt verringert; für eine Verlangsamung der Geldflüsse in die Transformation der Energie­erzeugung gibt es jedoch kaum Anzeichen. Laut einer Umfrage des Bundes­verbands Alternativer Investments (BAI) unter 109 institutionellen Investoren mit einem Anlagevermögen von 2,4 Bio. Euro in 2023, planten 56 % der Befragten eine Erhöhung ihrer bisherigen Quote für Infrastrukturinvestments. Preqin, ein Datenanbieter für den Bereich der alternativen Investments erwartet, dass das verwaltete Vermögen im gesamten Infrastrukturbereich bis Ende 2027 1,9 Mrd. US-Dollar erreichen wird. (Preqin Global Report 2023: Infrastructure).

Tatsächlich gibt es aus Sicht institutioneller Investoren auch eine ganze Reihe von handfesten finanzwirtschaftlichen Argumenten, die für eine Investition in diese politisch und gesellschaftlich verordnete Wende sprechen: die häufig niedrigen Korrelationen zu anderen Anlageklassen, die meist geringe Volatilität, regelmäßig stabile und vorhersehbare Cashflows, die zusätzliche Diversifikation des Portfolios.

In Zeiten hoher Inflation kommt jedoch ein weiterer Aspekt hinzu: Häufig sind die Erträge von Infrastruktureinrichtungen vertraglich an die allgemeine Preisentwicklung geknüpft. Damit können sie im Vergleich zu anderen Anlageklassen einen gewissen Grad an Inflationsausgleich bieten.

Und noch etwas spricht für Infrastrukturinvestments. Sie verschaffen gerade Investoren mit langfristigen Verbindlichkeiten wie zum Beispiel Versicherungen oder Pensionsfonds die Möglichkeit, ihre langfristigen Verpflichtungen mit den ebenfalls langen Laufzeiten von Infrastrukturanlagen zu matchen. Jedenfalls ist damit das Problem, das viele Investoren derzeit mit den sinkenden Bewertungen ihrer langfristigen Investitionen am Immobilienmarkt haben, weniger virulent.

Aber kann das Tempo dieser Investitionen in einer Zeit steigender Inflation, steigender Zinsen und einem in diesem Kontext möglicherweise abnehmenden Risikoappetits der Investoren aufrechterhalten werden?

Asset Manager sollten auf diese veränderten Rahmenbedingungen reagieren und das Risikoprofil der Projekte anpassen, in die sie investieren. Das neue Zinsumfeld erfordert eine Verlagerung des Schwerpunkts von der Innovation hin zur Leistungsoptimierung. Wir sehen auch eine Veränderung der Nachfrage von der reinen Erzeugung von erneuer­barer Energie und ihrer Einspeisung ins Netz hin zu Projekten zur Energiespeicherung und die Installation von Infrastrukturen für Elektrofahrzeuge. Auch mit einer geografischen Diversifizierung kann auf Unterschiede im Entwicklungs­stadium der Energiewende geantwortet werden.

Für ein gutes Risiko-/Rendite-Profil eines Investments in Infrastruktur kommt es also darauf an, unterschiedliche Phasen der Projektreife, verschiedene Regionen und sich ergänzende Technologien in einem breit aufgestellten Portfolio zu kombinieren.

Früher ging es darum, immer mehr Anlagen für die Erzeugung erneuerbarer Energien bereitzustellen. Die typische Transaktion sah bislang so aus, dass institutionelle Investoren kleine Projektentwickler finanzierten, die dann an die großen Versorgungs­unternehmen verkauft wurden, die über eine starke Vertriebskraft verfügen und ihre Anlagenbasis ausbauen wollen.

Heute hingegen geht es mehr um die Verknüpfung von Netzen, Software, Speichern und Stromhandel. Der Charakter der Projekte verändert sich, und auch die Geschäftsmodelle.

So strukturiert Mirova, unsere auf Nachhaltigkeit spezialisierte Tochter, beispielsweise langfristige Geschäfte, die die heutigen hohen Energiepreise für 10 bis 15 Jahre fest­schreiben und eine Absicherung gegen eine potenziale Abschwächung der Energiemärkte in der Zukunft bieten.

Für Projektgesellschaften ist die Aufnahme von Fremdkapital im Zuge der Zinswende teuer geworden. So sind sie oft bereit, Anteile gegen eine Kapitalspritze einzutauschen, und für Asset Manager bietet sich die Möglichkeit, nicht mehr nur einzelne Anlagen zu finanzieren und weiterverkaufen, sondern sich an den Unternehmen zu beteiligen, die solche Anlagen bauen.

Damit halten neue Private Equity-Elemente Einzug in die Finanzierung der Energie­wende, und der Investor erhält nicht nur den Zugang zu den Vermögenswerten selbst und deren Cashflows, sondern auch zum starken Entwicklungs- und Wachstums­potenzial der Unternehmen. Für das zusätzliche Risiko winkt eine zusätzliche Rendite, die über der Internal Rate of Return (IRR) von reinen Infrastrukturprojekten liegt.

Die Investition in eine Mischung aus Vermögenswerten und Unternehmen ist ein guter Weg, um eine größere Diversifizierung zu erreichen, da die Unternehmen eine Reihe von verschiedenen Technologien und Projekten gleichzeitig unterstützen können. Diese Mischung trägt dazu bei, eine Kombination aus Barausschüttungen und Kapital­gewinnen für die Investoren zu erzielen.

Mirova verfügt dank seiner über 20-jährigen Erfahrung in der Finanzierung von über 1.000 Projekten der Energiewende in 48 Ländern über die notwendigen Kompetenzen zur Identifikation, Umsetzung und Begleitung solcher zukunftsweisender Initiativen. Heute verwaltet das entsprechende Team 3,5 Mrd. Euro in dieser Assetklasse.

Autor: Patrick Sobotta, Geschäftsführer für Zentral und Osteuropa bei Natixis Investment Managers

Patrick Sobotta — Foto: © Natixis IM

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