Der Einfluss der US-Wahl auf die Märkte wird überschätzt

Ein Regierungswechsel in den USA am 3. November hätte sicherlich weitreichende außen- und gesellschaftspolitische Auswirkungen. Dem Ausgang der Präsidentschaftswahl wird nach Ansicht von Bernhard Matthes, CFA, Bereichsleiter BKC Asset Management aber eine zu hohe Bedeutung für die Kapitalmärkte zugeschrieben. In der Vergangenheit hat sich gezeigt, dass der Einfluss von Wahlergebnissen auf nachfolgende Kapitalmarktentwicklungen meist viel geringer war als zuvor angenommen.
13. Oktober 2020
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Ein Regierungswechsel in den USA am 3. November hätte sicherlich weitreichende außen- und gesellschaftspolitische Auswirkungen. Dem Ausgang der Präsidentschaftswahl wird nach Ansicht von Bernhard Matthes, CFA, Bereichsleiter BKC Asset Management aber eine zu hohe Bedeutung für die Kapitalmärkte zugeschrieben. In der Vergangenheit hat sich gezeigt, dass der Einfluss von Wahlergebnissen auf nachfolgende Kapitalmarktentwicklungen meist viel geringer war als zuvor angenommen.

 

Egal, wer als Sieger der Wahl hervorgeht und in das Weiße Haus einzieht beziehungsweise dort verbleiben kann: Die wesentlichen Faktoren, welche zuletzt die Marktentwicklungen dominiert haben, bleiben davon unbeeindruckt bestehen:

  • Die Geldpolitik der Notenbanken bleibt ultraexpansiv.
  • Die Fiskalpolitik bleibt ultraexpansiv.
  • Die Folgewirken der Corona-Pandemie müssen unverändert bewältigt werden.

Auf Ebene der Vermögensallokation sind daher keine weitreichenden Veränderungen aus dem Wahlergebnis zu erwarten. Lediglich innerhalb der Assetklassen könnten Effekte auftreten: Der den Demoskopen nach aktuell wahrscheinlichere Fall einer Biden-Präsidentschaft würde unterstützend auf Branchen wirken, die von den in Aussicht gestellten „Green Deal“ Infrastrukturprogrammen profitieren können. Dazu zählen insbesondere auch Unternehmen im Bereich Erneuerbare Energien, für deren Ausbau in den USA sicherlich noch mehr Potential besteht als beispielsweise in Europa.

Der weithin vermutete negative Einfluss einer möglichen Biden-Präsidentschaft auf die Technologiebranche scheint uns indes nicht so eindeutig wie oft angenommen: Ideologisch stehen viele Unternehmen aus dem Silicon Valley den Demokraten sehr nahe und unterstützen deren Wahlkampf mit erheblichen Summen. Die strengere Regulierung durch eine demokratische Administration ist daher kein Automatismus. Risiken für den Sektor bauen sich unserer Einschätzung nach ganz unabhängig vom Wahlausgang auf aus hohen Bewertungen, höherer Besteuerung und innovativerem Wettbewerb.

Generell könnte eine Rücknahme der weitreichenden Deregulierungsmaßnahmen der Trump-Administration vor allem kleineren und mittleren Unternehmen überproportional schaden. Sie würden auch stärker unter möglichen Steuererhöhungen leiden, weil sie im Vergleich zu globalen Großkonzernen über weniger Gestaltungs- und Vermeidungsmöglichkeiten verfügen.

Gelänge es den Demokraten mit einem „Clean Sweep“ neben dem Weißen Haus die Mehrheit sowohl im Repräsentantenhaus als auch im Senat zu erringen, würden die Rentenmärkte vermutlich kurzzeitig unter Druck geraten, denn es ist anzunehmen, dass in diesem Fall noch umfangreichere Fiskalpakete beschlossen werden, als in der aktuellen Konstellation. Ein möglicher Abverkauf am langen Ende wäre unserer Vermutung nach aber nur von kurzer Dauer, weil die Notenbank deutlich höhere Zinsen nicht tolerieren und sich mit entsprechenden Ankäufen („Yield Curve Control“) dieser politisch unerwünschten Entwicklung entgegenstellen würde. (ah)

Gastkommentar von Bernhard Matthes, CFA, Bereichsleiter BKC Asset Management

Beitragsbild: f11photo — stock.adobe.com

Bernhard Matthes, CFA, Bereichsleiter BKC Asset Management

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