„Der Dollar könnte an Glanz verlieren“

Mehrere Faktoren erklären den aktuellen Rückgang des Dollars. Trotz eines sehr starken Konjunkturaufschwungs in den Vereinigten Staaten könnte der US-Dollar nach mehreren Jahren des Anstiegs tendenziell weiter zurückgehen, meint Kevin Thozet, Mitglied des Investmentkomitees von Carmignac.
23. Juni 2021
Foto: © Alexander Borisenko - stock.adobe.com

Mehrere Faktoren erklären den aktuellen Rückgang des Dollars. Trotz eines sehr starken Konjunkturaufschwungs in den Vereinigten Staaten könnte der US-Dollar nach mehreren Jahren des Anstiegs tendenziell weiter zurückgehen, meint Kevin Thozet, Mitglied des Investmentkomitees von Carmignac.

Nach einem jahrelangen Aufwärtstrend des US-Dollars finden sich heute immer mehr Faktoren, die dazu führen könnten, dass sich die US-Währung in die entgegengesetzte Richtung entwickelt. In diesem Zusammenhang lohnt ein Blick auf die Marktbewegungen der letzten acht Wochen.

Die verschiedenen Regionen der Welt lassen die COVID-19-Krise nicht mit derselben Wachstumsdynamik hinter sich. Das global ungleiche Wachstum ist darauf zurückzuführen, dass die verschiedenen Länder mit der Pandemie unterschiedlich umgegangen sind und auch unterschiedliche Maßnahmen ergriffen haben, um den wirtschaftlichen Folgen dieser Krise zu begegnen.

In den Vereinigten Staaten stützten die verschiedenen Konjunkturpläne und die Impfkampagnen einen starken Aufschwung der US-Wirtschaft. Mehrere Wirtschaftsdaten und veröffentlichte Unternehmensergebnisse scheinen diese Tendenz heute zu bestätigen. Zudem will die US-Regierung sechs Billionen US-Dollar zur Stützung der Wirtschaft im Jahr 2022 ausgeben. Dies lässt darauf schließen, dass das Wachstum der US-Wirtschaft über dieses Jahr des Aufschwungs hinaus stark bleiben dürfte.

Ein so starkes Wirtschaftswachstum, sowohl in absoluten Zahlen als auch im Vergleich zur restlichen Welt, müsste mit einem entsprechenden Anstieg der US-Währung einhergehen. Dennoch hat der US-Dollar seine Zuwächse im ersten Quartal weitgehend wieder abgegeben. Diese paradoxe Entwicklung ist allerdings nicht so verwunderlich wie es zunächst scheint.

Die Ausgaben der öffentlichen Hand zur Stützung der US-Wirtschaft und die daraus folgende Verschuldung werden eine Rekordhöhe erreichen. Dies ist ein erster Faktor, der das Potenzial hat, den Dollar unter Druck zu setzen. Hinzu kommt, dass ein Teil der US-Ausgaben durch Steuererhöhungen finanziert wird. Dadurch könnten US-Aktien – und damit der US-Dollar – an Attraktivität verlieren. Daneben kurbeln die Konjunkturmaßnahmen in den USA den Konsum an und damit die Inflation, während die Konjunkturpläne in China und Europa eher die Produktion stützen.

Aber auch andere Faktoren könnten die Nachfrage nach dem US-Dollar mittelfristig sinken lassen. Die gegenwärtig heterogene Entwicklung der Weltwirtschaft führt dazu, dass die verschiedenen Zentralbanken – die mit ihren Entscheidungen die Wirtschaftstätigkeit und die Preissteigerung regulieren, indem sie auf die Zinssätze einwirken – unterschiedliche Strategien verfolgen. Im Gegensatz zu anderen Zentralbanken scheinen die Währungshüter der Vereinigten Staaten in der Erwartung zu sein, dass der Preisanstieg nur vorübergehender Natur ist und keine kurzfristige Anhebung der Zinsen erfordert und erwecken den Eindruck, geduldig abzuwarten.

Diese neue Haltung der Federal Reserve (Fed), die Inflation laufen zu lassen und nicht sofort einzugreifen, wirkt sich ebenfalls auf den US-Dollar aus. Dabei darf nicht vergessen werden, dass die Inflation den Zeitwert einer Währung mindert: Aufgrund der Preissteigerung können mit einem Dollar morgen weniger Güter und Dienstleistungen erworben werden als heute.

Die Haltung der Fed stellt auch die unantastbare Unabhängigkeit der Zentralbank gegenüber der Regierung in Frage, da sie einen Teil der Rekordausgaben der USA mit dem Aufkauf rund eines Viertels der in diesem Jahr von den Vereinigten Staaten ausgegebenen Schuldtitel finanziert. Verstärkt wird diese Frage durch den Eintritt von Janet Yellen, der ehemaligen Präsidentin der Federal Reserve, in die Regierung.

Andere attraktivere Regionen 

Zu diesen verschiedenen Faktoren kommt eine Eigenheit des Devisenmarkts hinzu: Strategisches Anlegen erfolgt dort in Währungs-Paaren. Trotz eines starken Konjunkturaufschwungs in den USA gibt es einige Regionen, die eine größere Anziehungskraft auf die Anleger haben.

So hat beispielsweise Europa durch eine verstärkte politische Zusammenarbeit an Attraktivität gewonnen. Mit einem Potenzial an Unternehmen, die besonders sensibel auf den Aufschwung in den Sektoren Konsumgüter, Tourismus, Finanzen oder auch Rohstoffe reagieren, bietet auch Europa Anlagechancen. Die europäischen Unternehmen könnten weiterhin von einer vergleichsweise positiven Wachstumsdynamik profitieren, da die Wiedereröffnung der Wirtschaft in der Region noch am Anfang steht.

Asien wiederum ist die Speerspitze der vierten industriellen Revolution. Zusätzlich ziehen die höheren Zinsen in der Region Investoren an, was den lokalen Währungen zugutekommt, wie zum Beispiel dem chinesischen Yuan.

Schließlich kann ein Aufholen der Währungen der rohstoffexportierenden Länder nicht ausgeschlossen werden. Solide Fundamentaldaten und eine disziplinierte Wirtschaftspolitik dürften ihren Währungen zugutekommen, während die Preise der für den Aufschwung so nützlichen Rohstoffe wieder auf dem Stand von vor fünf Jahren sind. Bei Carmignac wurde vor diesem Hintergrund selektiv in diese Währungen investiert.

Unter Anlagegesichtspunkten behält Carmignac einen Portfolioaufbau bei, der langfristige und kurzfristigere Überzeugungen verbindet. Das global ungleiche Wachstum hat den Vorteil, dass es für die Diversifizierung günstig ist. Diese Performancetreiber werden in Carmignacs Fonds durch Hedging-Strategien ergänzt, um die Portfolios sowohl gegen das Zinsrisiko als auch das Währungsrisiko abzusichern.

Obwohl es paradox erscheinen mag, schließen sich der der Rückgang des Dollars und das Risiko von Zinserhöhungen nicht gegenseitig aus. In diesem wirtschaftlichen Umfeld ist bereits seit mehreren Monaten beobachten, dass ein aktives Management von Sparanlagen besonders notwendig ist.

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