Eine ruhige Vorstadt, eine weiße Veranda, Kondenswasser perlt am Glas mit süßem Eistee, während der Rasensprenger leise surrt. Dieses Bild des Eigenheims – ikonisch in unzähligen Filmen – stand lange für den amerikanischen Erfolg. Ein Haus mit Garten, über Jahrzehnte finanziert, war die klassische Definition des American Dream. Doch dieser Traum wandelt sich. Das Ideal bleibt, doch die wirtschaftliche Realität hat sich verschoben.
Steigende Finanzierungskosten, eine angespannte Marktlage und veränderte Lebensentwürfe führen dazu, dass immer mehr Amerikaner sich gegen den Kauf einer Immobilie und für das Mieten entscheiden. Was ursprünglich als Reaktion auf höhere Zinsen begann, entwickelt sich zu einer langfristigen Marktverschiebung. Wer heute in einer flexiblen, projektbasierten Arbeitswelt mobil bleiben will, sieht den Erwerb einer Immobilie zunehmend als Einschränkung.
Auch die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen haben sich verändert. Während die Preise für Wohneigentum steigen, bleibt die Erschwinglichkeit von Wohnraum auf einem historisch niedrigen Niveau. Besonders in wirtschaftlich starken Regionen zieht es immer mehr Menschen in urbane Mietwohnanlagen, die nicht nur Wohnraum, sondern auch Dienstleistungen und gemeinschaftliche Angebote bieten. Gleichzeitig wächst die US-Bevölkerung weiterhin stark. Seit 1990 ist sie um rund 30 Prozent gestiegen – in Europa lag das Wachstum im gleichen Zeitraum bei nur knapp 7 Prozent. Dieser demografische Vorteil wird auch in Zukunft ein zentraler Treiber für die Wohnungsnachfrage sein.
Mieten statt kaufen – ein Markt im Umbruch
Der Anteil der Mieterhaushalte in den USA steigt seit Jahren, insbesondere in wirtschaftlich prosperierenden Metropolen. Wohneigentum, einst die erste Wahl, wird für eine wachsende Zahl von Haushalten finanziell unerschwinglich.
Die Hypothekenzinsen haben sich innerhalb weniger Jahre mehr als verdoppelt und erschweren den Immobilienerwerb erheblich. Im Dezember 2024 lag der Medianpreis für neue Häuser bei 427.000 US-Dollar, während der durchschnittliche Verkaufspreis mit 513.600 US-Dollar noch deutlich höher war. Gleichzeitig sind die monatlichen Hypothekenzahlungen auf einen historischen Höchststand von 2.290 US-Dollar gestiegen.
Hinzu kommt die strukturelle Knappheit am Wohnungsmarkt. Die Nachfrage nach Wohneigentum bleibt hoch, doch das Angebot hält nicht Schritt. Neubauten können das Bevölkerungswachstum nicht ausgleichen, insbesondere in Regionen mit hoher wirtschaftlicher Dynamik wie dem Südosten der USA. Der Kauf eines Eigenheims ist in vielen Fällen schlicht keine Option mehr für Menschen, die in Städten mit attraktiven Arbeitsplätzen und guter Infrastruktur wie Atlanta leben möchten.
Die Folge: Der Mietwohnungsmarkt wächst schneller als der Markt für Wohneigentum. Dabei geht es längst nicht mehr nur um finanzielle Aspekte – Flexibilität, Komfort und Lebensqualität spielen eine immer größere Rolle. Gleichzeitig nimmt die Bedeutung von Gemeinschaftsstrukturen zu: Moderne Mietwohnmodelle bieten nicht nur funktionalen Wohnraum, sondern fördern das soziale Miteinander. Das spiegelt den Wandel einer Gesellschaft wider, in der gemeinschaftlich genutzte Räume und Services an Bedeutung gewinnen.
Neue Wohnkonzepte und der Abschied vom weißen Gartenzaun
Die steigende Nachfrage nach Mietwohnungen verändert das Verhalten der Haushalte und damit auch die Strategien von Projektentwicklern. Wohnraum allein reicht längst nicht mehr aus – gefragt sind durchdachte, integrierte Konzepte, die auf die Bedürfnisse einer mobilen und digital vernetzten Gesellschaft zugeschnitten sind.
Moderne Multi-Family-Anlagen setzen auf eine Kombination aus hochwertigem Wohnraum und zusätzlichen Dienstleistungen. Fitnessstudios, Gemeinschaftsräume, Smart-Home-Technologie und Coworking-Bereiche gehören mittlerweile zum Standard. Besonders in Metropolregionen und wirtschaftlich starken Zentren des Südostens entstehen zunehmend Wohnanlagen, die nicht nur eine Antwort auf den angespannten Wohnungsmarkt bieten, sondern ein neues Verständnis von urbanem Wohnen prägen.
Auch die Vorstädte wandeln sich. Während klassische Einfamilienhaus-Siedlungen in manchen Regionen an Attraktivität verlieren, entstehen neue Wohnquartiere mit verdichteten, urban geprägten Strukturen. Diese verbinden den Komfort des Vorstadtlebens mit einer besseren Durchmischung von Wohnen, Einzelhandel und Büroflächen – ein Modell, das in den kommenden Jahren zunehmend an Bedeutung gewinnen dürfte.
Die wirtschaftlichen Voraussetzungen für diesen Wandel könnten nicht günstiger sein. Die USA erwirtschaften rund ein Drittel der globalen Unternehmensgewinne und machen etwa 25 Prozent der weltweiten Wirtschaftsleistung aus. Dieser wirtschaftliche Vorsprung sorgt nicht nur für eine starke Nachfrage nach Wohnraum, sondern auch für ein stabiles Investitionsumfeld, das Multi-Family-Immobilien zu einer der resilientesten Assetklassen macht.
Fazit
Der US-Wohnungsmarkt befindet sich in einem anhaltenden Wandel. Während der Wunsch nach Eigentum bestehen bleibt, treffen immer mehr Amerikaner eine bewusste Entscheidung für Mietwohnmodelle. Eine Entwicklung, die den Immobiliensektor langfristig prägen und Investoren neue Möglichkeiten eröffnen wird.
Ein Gastbeitrag von Scott Bryant, Managing Director, TSO Europe Funds, Inc.