Der Abschied vom klassischen Shopping-Center — Neue Ideen bringen Einkaufszentren wieder auf Kurs und lassen Investoreninteresse steigen

Der Einzelhandel ist schon länger in Not. Verschärfte Maßnahmen zur Eindämmung der Corona-Pandemie, der zunehmende E-Commerce sowie Lieferengpässe haben deutliche Spuren hinterlassen und beschleunigen den Wandel im Handel und in der Shopping-Center-Branche. Das anhaltende Pandemiegeschehen spielt Online-Händlern in die Karten. Gemäß Statistischem Bundesamt lagen die Online-Umsätze im November 2021 mehr als 30 Prozent über dem Niveau des Vorkrisenmonats Februar 2020.
22. Februar 2022
Bernd Lönner - Foto: © Real I.S.

Der Einzelhandel ist schon länger in Not. Verschärfte Maßnahmen zur Eindämmung der Corona-Pandemie, der zunehmende E‑Commerce sowie Lieferengpässe haben deutliche Spuren hinterlassen und beschleunigen den Wandel im Handel und in der Shopping-Center-Branche. Das anhaltende Pandemiegeschehen spielt Online-Händlern in die Karten. Gemäß Statistischem Bundesamt lagen die Online-Umsätze im November 2021 mehr als 30 Prozent über dem Niveau des Vorkrisenmonats Februar 2020.

Der analoge Einzelhandel hat im Wettlauf gegen den wachsenden E‑Commerce nur dann eine reale Chance, wenn sich Einzelhändler und Shopping-Center neu erfinden. Eine Neuausrichtung in dreierlei Hinsicht kann Schwung in die Sache bringen: Erlebnisorientierung, Center-Digitalisierung sowie die Umwandlung zum Mixed-Use-Center können zukunftsfähige Lösungen sein. Neue Center-Konzepte stabilsieren langfristig den Ertrag und lassen auch Investoren hellhörig werden. Schließlich wies diese Assetklasse CBRE zufolge Renditen von bis zu 4,85 Prozent an A‑Standorten zum Jahresende 2021 auf, B‑Standorte lagen bei 5,9 Prozent Spitzenrendite. Ein klares Argument, Investments in diesem Bereich stärker in Betracht zu ziehen, gerade aufgrund der starken Renditekompression anderer Assetklassen.

Shopping-Center im Wandel – mehr als ein einfacher Einkaufsbummel

Heutzutage reicht es längst nicht mehr aus, wenn ein Shopping-Center nur ein Ort zum gewöhnlichen Einkaufen ist. Zu groß ist der Druck durch Pandemie und das veränderte Einkaufsverhalten. Klassischen Einkaufszentren fehlt oftmals der Erlebnisfaktor, der aber einen deutlichen Mehrwert bringen kann, weil er das Einkaufen zu einem Event für die ganze Familie werden lässt. Waren lassen sich auch bequem von zu Hause aus bestellen, weshalb Shopping-Center aus dem Einkauf ein Erlebnis gestalten und die Aufenthaltsqualität deutlich steigern müssen. So werden sie Treffpunkte in der Region – damit kann der E‑Commerce nicht aufwarten.

Um sich diesen Vorsprung zu erhalten, müssen Einkaufszentren ihr Serviceangebot neu denken, sich an den alltäglichen Bedürfnissen der Kundinnen und Kunden ausrichten. Mit gastronomischer Vielfalt, regelmäßigen Events und einem ausgereiften Entertainment-Angebot lässt sich die Qualität des Aufenthalts deutlich steigern.

Besonders der Fokus auf hochwertige Restaurants zieht bei den Kunden. Event-Cooking und ein attraktiver Barbereich können zu wahren Publikumsmagneten aufsteigen und helfen, Shopping-Center wiederzubeleben. Daneben lockt eine Ausweitung des Event-Angebots neue Besucherinnen und Besucher an. Das schafft Aufmerksamkeit und bindet emotional an den Veranstaltungsort. Das Shopping-Center bleibt in guter Erinnerung und wird künftig stärker als gemeinsamer Treffpunkt mit Freunden frequentiert. Einige Center bieten zum Beispiel zusätzliche Eyecatcher wie ein Dinosaurierskelett, ein Riesenaquarium oder gar eine stehende Welle für Hobbysurfer. Das macht den schnöden Einkaufsbummel zu einem Freizeithighlight für Jung und Alt.

Online- und Einzelhandel verknüpfen

Bereits jetzt zeigt sich, dass das klassische Shopping-Center weitestgehend ausgedient hat. Die Vorteile des Online-Handels scheinen zu überwiegen. Der analoge Handel kann aus der vermeintlichen Schwäche aber eine Stärke machen. E‑Commerce und Einzelhandel müssen sich nämlich nicht ausschließen: Click & Collect heißt der aktuelle Trend, der Online- und Einzelhandel verbindet und die Vorteile von beidem kombiniert.

Mit digitalisierten Warenbeständen können Händler in Shopping-Centern ihren Kundinnen und Kunden den angenehmen Einkauf vom Sofa aus ermöglichen. Abgeholt wird die Ware dann ganz oldschool im Geschäft. So werden Versandkosten gespart und eine kompetente Beratung gibt es obendrein noch dazu. Im Jahr 2020 lag der Umsatz von Click-&-Collect-Bestellungen bei 4,6 Milliarden Euro und machte damit 6,4 Prozent des Online-Umsatzes aus. Click & Collect ist demnach eine wichtige Säule für die Neuausrichtung der Shopping-Center.

Zukunftsfähig durch Vielfalt

Die beiden bisherigen Strategien zur Neuausrichtung sind darauf ausgelegt, neue Laufkundschaft in Shopping-Center zu locken. Was aber, wenn sich das Publikum ohnehin schon im Center befindet? Das Integrieren anderer Nutzungsarten wie Büro, Hotel, Wohnen oder City-Logistik erhöht den Traffic und dient gleichzeitig der Risikodiversifizierung der Immobilie. Der Umbau zu einem Multi-Use-Center ist zwar in der Regel mit einem erheblichen finanziellen Aufwand verbunden, lohnt sich aber auf langfristige Sicht. Gestaltungsmöglichkeiten gibt es einige, diese betreffen vor allem Ober- und Untergeschoss: Egal ob Ausbau von Büro- und Praxisflächen, Hotellerie, Coworking-Spaces oder City-Logistik – der Mietermix reduziert die Risiken und steigert gleichzeitig den Publikumsverkehr im Center. Die Neuausrichtung kann langfristig ein erheblicher Performance-Treiber werden, das wiederum erhöht das Interesse der Investoren. Dafür ist allerdings ein aktives Assetmanagement wichtig, um den Mietermix zu optimieren, den kontinuierlichen Kontakt zu Mietern zu schaffen, um veränderte Bedürfnisse zu erkennen, Leerstände zu vermeiden und für Stabilität des Centers zu sorgen.

Fazit: Chancen durch Neupositionierung – Shopping-Center bergen Investmentpotenziale

Auch wenn die Pandemie dem E‑Commerce in die Hände spielt, müssen sich Shopping-Center noch lange nicht abschreiben lassen. Auf individueller Planungsebene können Einkaufszentren neue Wege einschlagen – sei es mit Events, einem besonderen Einkaufserlebnis als USP, Click & Collect als Symbiose aus Online- und Einzelhandel oder als Multi-Use-Center für mehr Stabilität. Wer Shopping-Center sicher auf dem absteigenden Ast verortet, unterschätzt ihre Anpassungsfähigkeit sowie das Investment- und Renditepotenzial.

Gastbeitrag von Bernd Lönner, Vorstand der Real I.S. AG

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