Dem ELTIF steht eine große Zukunft bevor

Die Europäische Union hatte sich große Ziele gesetzt, als sie 2015 den „European Long-Term Investment Fund“ – kurz: ELTIF – aus der Taufe hob: Das neue Fondsvehikel sollte erstens vermehrt privates Kapital mobilisieren für Investments in Infrastruktur, generell Sachwerte, mittelständische Unternehmen sowie bestimmte Immobilien. Zweitens sollte für Privatanleger eine neue Investmentmöglichkeit geschaffen werden, die ein attraktives Renditepotenzial mit höchsten Standards in Sachen Anlegerschutz verbindet. Und drittens sollte das grenzüberschreitend einheitliche und europaweit zu vertreibende Anlageprodukt einen Beitrag zu einer europäischen Kapitalmarktunion leisten. Kann der ELTIF diesen Anforderungen gerecht werden?
20. Juni 2022
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Der ELTIF ist im Prinzip ein AIF, der explizit für langfristige Investments ausgelegt ist. Er muss – nach einer Anlaufphase von maximal fünf Jahren – zu mindestens 70 % in solche Assets investiert sein. Zu den infrage kommenden Assetklassen zählen Private Equity und Private Debt. Auch börsennotierte kleine und mittelständische Unternehmen (KMU) gehören dazu, solange ihre Marktkapitalisierung 500 Mio. Euro nicht überschreitet, sowie Infrastruktureinrichtungen wie Flughäfen, Häfen, Mautstraßen, Erneuerbare Energien, Maschinen und Anlagen, Flugzeuge, Schiffe, Eisenbahnen, geistiges Eigentum, Private Public Partnerships (PPP). Und schließlich Immobilien mit sozialem Impact wie Krankenhäuser, Pflegeheime, Schulen, Kitas etc. sowie – als eine Art Dachfonds – auch Anteile an anderen ELTIFs sowie an europäischen Risikokapitalfonds (EuVECA) und Fonds für soziales Unternehmertum (EuSEF). Maximal 10 % des Fondsvermögens dürfen in einem einzelnen Asset investiert sein. ELTIFs sind depotfähig, werden in Deutschland von der BaFin beaufsichtigt, der Manager benötigt eine AIFM-Lizenz und eine neutrale Verwahrstelle. Damit kann der ELTIF als vollständig reguliert bezeichnet werden.

Vor allem für Investments in Erneuerbare Energien hat sich der ELTIF als sehr geeignete Struktur erwiesen. Diese Investments sind langfristig angelegt und ermöglichen relativ stabile und gut prognostizierbare Erträge. Eine eher spekulative Strategie, basierend auf häufigen An- und Verkäufen, passt hingegen nicht zum ELTIF. Auch für Investoren ist deshalb tendenziell eine längere Haltedauer vorgesehen. ELTIFs haben eine begrenzte Laufzeit, die je nach Ausrichtung allerdings sehr lang (zum Teil viele Jahrzehnte) ausfallen kann. Mindesthaltedauern und Rückgabefristen sind deshalb fast immer vorgesehen, ein Investment bis zum Ende der Laufzeit ist jedoch nicht zwingend erforderlich. Somit sind die Initiatoren beim ELTIF flexibler als beispielsweise bei klassischen geschlossenen Fonds, bei denen eine Rückgabe während der Fondslaufzeit gar nicht möglich ist, lediglich ein Verkauf über zumeist wenig liquide Zweitmärkte. Beim ELTIF ist auch die Gestaltung von Rückgabekonditionen möglich, die börsentäglich Anteilsausgaben und ‑rückgaben ermöglicht und somit eher an offene Sondervermögen erinnern.

Ab 2023 offen für breite Anlegerschichten

Der ELTIF steht als Investmentvehikel grundsätzlich allen Anlegergruppen offen, seien es institutionelle, semiprofessionelle oder private Anleger. Für Letztere gilt allerdings eine Einschränkung: Privatanleger müssen ausreichende Kenntnisse über Fondsinvestments nachweisen, über ein investierbares Vermögen von mindestens 100.000 Euro verfügen und dürfen davon höchstens 10 % in ein einzelnes Produkt investieren, mindestens aber 10.000 Euro. Dies schränkt das Zielpublikum auf Privatanlegerseite doch empfindlich ein – letztlich ein gewichtiges Manko des ELTIF, das ihn breiteren Anlegerschichten derzeit (noch) vorenthält.

Doch auch diese Einschränkung wird voraussichtlich bald der Geschichte angehören. Geplant ist derzeit eine Reform der ELTIF-Verordnung, die ab 2023 unter anderem eine Abschaffung beziehungsweise deutliche Senkung der Mindestanlagesumme vorsieht. Damit wäre es sogar möglich, Fondssparpläne mit sehr geringen Sparbeträgen – zum Beispiel ab 50 Euro pro Monat – aufzusetzen. Dies in Kombination mit einem Erneuerbare- oder gar Impact-Fonds würde dem ELTIF vor allem in Deutschland nach meiner Überzeugung zum Durchbruch verhelfen.

Hinzu kommen Entwicklungen, die zu einer weiteren Etablierung des ELTIF beitragen werden. Zum Beispiel dürften sich mit steigendem Investmentvolumen auch liquide Sekundärmärkte herauskristallisieren. Technisch stellt das kein großes Problem dar: Dank seiner Depotfähigkeit ist der ELTIF problemlos handelbar, anders als etwa geschlossene Fondsanteile. Ist der Markt erst groß genug, darf in Zukunft gar auf einen regen Handel gehofft werden, vergleichbar mit liquiden Wertpapieren. Ich bin überzeugt: Dem ELTIF steht noch eine große Zukunft in Europa bevor.

Autor: Tobias Huzarski
Head of Impact Investment
Commerz Real AG

¹ Scope Analysis: „Europäische ELTIF-Studie – Marktentwicklung und Perspektiven“, 31.03.2022

Pages: 12

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