„Das Jahr der Dividenden-Aufholjagd“

Corona ist auch bei den Konzernen nicht spurlos vorübergegangen. Viele börsennotierte Unternehmen haben ihre Dividenden gekürzt. Im Gespräch mit Nicolas Simar, Senior Portfolio Manager Euro & European High Dividend bei NN Investment Partners, wollte die II-Redaktion erfahren, wie es im laufenden Jahr hinsichtlich der Ausschüttungen weitergeht.
28. Juni 2021
Nicolas Simar - Foto: © NN IP

Corona ist auch bei den Konzernen nicht spurlos vorübergegangen. Viele börsennotierte Unternehmen haben ihre Dividenden gekürzt. Im Gespräch mit Nicolas Simar, Senior Portfolio Manager Euro & European High Dividend bei NN Investment Partners, wollte die II-Redaktion erfahren, wie es im laufenden Jahr hinsichtlich der Ausschüttungen weitergeht.

INTELLIGENT INVESTORS: Welche Lehren können Investoren aus 2020 hinsichtlich eines Dividenden-Investments mitnehmen?

Nicolas Simar: 2020 war das Jahr der Extreme: der größte Rückgang seit dem Zweiten Weltkrieg, gefolgt von der stärksten und schnellsten wirtschaftlichen Erholung dank umfangreicher monetärer und fiskalischer Maßnahmen weltweit. Da die Unternehmensgewinne unter Druck gerieten, waren viele Unternehmen gezwungen, ihre Ausschüttungen im Jahr 2020 zu kürzen oder zu vertagen. Dennoch gab es große Unterschiede zu der Rezession, die auf die Finanzkrise von 2007–2008 folgte. Insgesamt waren die Bilanzen der Unternehmen während der Corona-Krise in einer viel besseren Verfassung, die Verbraucher in den Industrieländern hatten einen viel geringeren Verschuldungsgrad und der Corona-Schock kam von außen und führte nicht zu einem Zusammenbruch der Finanzbranche.  Gleichzeitig verhinderten die geld- und fiskalpolitischen Maßnahmen einen größeren Zusammenbruch der Aktienmärkte im Jahr 2020. Als Dividendeninvestor war es daher wichtig, die Krise zu durchschauen, da viele der Dividendenkürzungen in Wirklichkeit nur aufgeschobene Ausschüttungen waren (insbesondere im Bankensektor, in dem die Aufsichtsbehörden die Dividendenausschüttung für den größten Teil des Jahres 2020 untersagt hatten). 2021 wird das Jahr der Dividenden-Aufholjagd sein.

INTELLIGENT INVESTORS: Welche Gründe sprechen derzeit für ein Investment in (einen global anlegenden) Dividendenfonds?

Simar: Seit sich die Zahl der Impfungen im November 2020 positiv entwickelt hat, wechselte der Markt von Deflationsangst zu einem Narrativ der Reflation. Value- und Nicht-US-Aktienmärkte (insbesondere Europa) haben daher seit November 2020 die Nase vorn. Dividendeninvestitionen verbinden ein Exposure gegenüber dem Value- sowie dem Quality-Faktor. In der frühen Erholungsphase schneidet der Deep-Value-Stil in der Regel besser ab als Dividendeninvestment. Das liegt daran, dass notleidende Unternehmen und solche mit einem höheren Beta als erste von der wieder anziehenden Konjunktur profitieren werden. Wir sind dennoch der Meinung, dass wir in eine zweite Phase (reifere Phase des Zyklus) der Erholung eintreten, in der Quality-Value im Vergleich zum risikoreicheren Bereich des Value-Universums höhere risikobereinigte Renditen bietet. Schlüsselfaktoren, die in dieser Phase des Zyklus zu berücksichtigen sind, sind Dividendenrenditen und Renditen für freie Cashflows.

INTELLIGENT INVESTORS: Viele Unternehmen haben im Zuge der Corona-Krise ihre Ausschüttungen gekürzt. Bekamen auch Sie das bei einigen Fondspositionen zu spüren? Wie haben Sie generell die Krisensituation im Frühjahr 2020 gemeistert?

Simar: Zu Beginn einer Rezession sind zyklische Unternehmen üblicherweise am anfälligsten und bergen ein höheres Risiko von Dividendenkürzungen, da die Generierung von Cashflows belastet ist. Finanzwerte (insbesondere Banken) sahen sich mit denselben Problemen und ebenfalls mit Dividendenstopps durch die Regulierungsbehörden (z. B. EZB) im Jahr 2020 konfrontiert. Es war daher wichtig, die Krise zu durchschauen, da viele dieser Dividendenkürzungen in Wirklichkeit Dividendenaufschübe waren, die auf die Bilanzqualität der Unternehmen sowie auf steuerliche und staatliche Unterstützung zurückzuführen waren.

INTELLIGENT INVESTORS: Wo sehen Sie aktuell regional als auch sektorenbezogen die besten Chancen für Dividenden-Engagements?

Simar: Wir glauben, dass sich die europäischen Märkte im Sweet Spot befinden, da sie dank der erfolgreichen Impfkampagne die Corona-Krise überwunden haben und gleichzeitig von den fiskalischen Maßnahmen in den Jahren 2021 und 2022 profitieren. Die Bewertungen bleiben attraktiv, insbesondere im Vergleich zum eher wachstumsorientierten US-Aktienmarkt. Innerhalb der Sektoren bieten die Banken der Eurozone ein erhebliches Potenzial für Dividendenwachstum im Jahr 2021, da die Bilanzen solide sind, die Kapitalquoten stark und die Banken die Krise mit einer guten Kostenkontrolle und steigenden Beiträgen aus dem Gebührengeschäft im Zuge der Konjunkturerholung gut gemeistert haben. Die Banken der Eurozone unterliegen noch bis Ende September 2021 der EZB-Dividendenbegrenzung. Die Wahrscheinlichkeit ist jedoch sehr hoch, dass sie im vierten Quartal 2021 mehr an die Aktionäre ausschütten (Dividenden & Aktienrückkäufe). (ah)

Nicolas Simar — Foto: © NN IP

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