„Das erste Quartal war ein Lackmustest für das Risiko-Management bei Volatilitätsstrategien“

Der Blick zurück auf das erste Halbjahr 2020 zeigt uns, dass die Börse keine Einbahnstraße ist. Mitunter sind sehr starke Nerven vonnöten, um die Schwankungen angesichts der Gemengelage auszuhalten. Was bedeutete dies für Vola-Strategien? Die INTELLIGENT INVESTORS-Chefredaktion hörte hierzu und zu grundsätzlichen Aspekten der Volatilität nach bei Matthias Kunze, Managing Director Head of Distribution, Assenagon Asset Management S.A.
1. Juli 2020
Volatilität / © freshidea

Der Blick zurück auf das erste Halbjahr 2020 zeigt uns, dass die Börse keine Einbahnstraße ist. Mitunter sind sehr starke Nerven vonnöten, um die Schwankungen angesichts der Gemengelage auszuhalten. Was bedeutete dies für Vola-Strategien? Die INTELLIGENT INVESTORS-Chefredaktion hörte hierzu und zu grundsätzlichen Aspekten der Volatilität nach bei Matthias Kunze, Managing Director Head of Distribution, Assenagon Asset Management S.A.

 

INTELLIGENT INVESTORS: Herr Kunze, wie würden Sie die aktuelle Situation an den Märkten, auch aus historischer Sicht, gerne beschreiben?

Matthias Kunze: Das erste Quartal endete mit einem doppelten “Schwarzen Schwan”: Die massive Ausbreitung des SARS-CoV-2-Virus sowie das Scheitern der Gespräche zwischen Russland und der OPEC führte zu einem der schnellsten Abverkäufe von Risikopositionen aller Zeiten. Im zweiten Quartal kam es auch durch die unterstützenden Maßnahmen seitens der Regierungen und Zentralbanken weltweit trotz global steigender Pandemie-Fallzahlen und wirtschaftlich düsterer Prognosen zu einer umfassenden Erholung und einer der rasantesten Aktienmarkt-Rallyes weltweit. Für Anleger hat sich die Situation mit Blick nach vorne auch dadurch weiter verschärft, dass die Zinsen auf Staatsanleihen in den USA nochmals deutlich gesunken sind – eine robuste, strategische Asset-Allokation im liquiden Bereich umzusetzen, hat sich weiter erschwert. Dabei bleibt die Volatilität aktuell erhöht, sowohl mit Blick auf die Tagesbewegungen der Aktienindizes, die immer wieder 3 % und mehr erreichen als auch mit Blick auf die eingepreisten Aktienindexvolatilitäten am Optionsmarkt.

 

INTELLIGENT INVESTORS: Im März hatten wir hohe Volatilitäten gesehen. Können Sie uns das etwas näher erläutern?

Kunze: Der Abverkauf im ersten Quartal 2020 war schneller und korrelierter als dies zum Beispiel in der Finanzkrise 2008/2009 zu beobachten war – und dies nach einem sehr freundlichen und für die meisten Asset-Klassen außerordentlich positiven Jahr 2019. Die Volatilität ist schlagartig von einem sehr niedrigen Niveau in den Krisenmodus übergegangen. Das erste Quartal 2020 und insbesondere der März war damit ein Lackmustest für das Risiko-Management bei Volatilitätsstrategien: Versteckte Risiken, die in den niedrigen Volatilitäten zwischen 2012 und 2020 kaum visibel waren, sind schlagartig aufgedeckt worden.

Gleichzeitig bot dieser abrupte Regimewechsel am Volatilitätsmarkt außerordentliche Opportunitäten. Long Vola-Fonds, also Fonds, die in unruhigen Marktphasen positive Erträge anstreben, bot sich die Möglichkeit, von den Marktgegebenheiten zu profitieren. Wir setzen eine entsprechende Strategie im Assenagon Alpha Volatility um und konnten mit einem Volumen von über EUR 1 Mrd. zwischenzeitlich einen YTD-Ertrag von über 40 % aufweisen.

 

INTELLIGENT INVESTORS: Was sagen Volatilitäten grundsätzlich über die Märkte aus?

Kunze: Die Volatilität gibt den Aggregatszustand einer Aktie, eines Wechselkurses oder eines Index wieder: Je stärker der Preis eines Finanzinstruments schwankt, desto höher die Volatilität und vice versa. Neben Anwendungen im Risiko-Management, z. B. bei der Einordnung wie risikobehaftet ein Investment ist, lässt sich Volatilität über spezialisierte Handelsansätze als Investitionsobjekt extrahieren. Bei Assenagon betrachten wir Volatilität als eigene Anlageklasse, die ein hohes Maß an Spezialisierung und Handelserfahrung erfordert.

 

INTELLIGENT INVESTORS: Wie kann man Volatilität als möglichen Renditebringer nutzen? Was gilt es zu beachten?

Kunze: Die sogenannte Volatilitätsrisikoprämie im Optionsmarkt ergibt sich aus der Differenz zwischen der am Optionsmarkt eingepreisten Kursschwankung (implizite Volatilität) und der tatsächlichen Kursschwankung (realisierte Volatilität). Der Verkäufer einer Option kann diese Volatilitätsprämie vereinnahmen, tritt dabei als Versicherungsgeber auf und kompensiert den Käufer im Schadensfall für seine eingetretenen Kursverluste. Dafür erhält der Optionsverkäufer eine Versicherungsprämie, die – wie bei nahezu jeder Versicherung – die mittelfristig erwarteten Kursverluste übersteigt.

Im Vola-Bereich liegt der Fokus der Produktkonzeption damit besonders stark auf dem Risiko-Management und der Frage, wie Marktverwerfungen und Extremszenarien strukturell adressiert werden – wie gut also ist das Produkt für den Versicherungsfall aufgestellt? Das Ziel sollte eine robuste Strategie sein, bei der negative Marktentwicklungen kontrolliert gesteuert werden können – insbesondere Tail-Risiken, wie wir sie im März beobachten konnten.

 

INTELLIGENT INVESTORS: Welche Elemente einer Vola-Strategie würden Sie festmachen? Wie sind Sie derzeit mit Ihrem Fonds aufgestellt?

Kunze: Besonderes Augenmerk legen wir bei Assenagon auf ein breites Investmentuniversum:

Durch die hohe Nachfrage nach Absicherung mit Indexderivaten sind die Volatilitätsprämien bei Aktienleitindizes besonders hoch. Demgegenüber ist der Markt für Einzelaktienoptionen nicht in vergleichbarer Weise durch Absicherungsbedarf geprägt – hier spielen andere Effekte eine Rolle, wie z. B. das Emissionsgeschäft bei strukturierten Produkten. Entsprechend ist die Volatilitätsrisikoprämie bei Einzelaktien niedrig oder gar nicht vorhanden.

In unseren beiden Publikumsfonds Assenagon Alpha Volatility und Assenagon Alpha Premium nutzen wir die diese strukturellen Prämiendifferenzen: Wir kaufen (zu günstige) Einzelaktien- und verkaufen (zu teure) Indexvolatilität.

Einzelaktienvolatilitäten sind bei Vola-Strategien weiterhin unterrepräsentiert, bieten aber die Möglichkeit das Rendite-/Risikoverhältnis einer Vola-Strategie substanziell zu verbessern. Die jüngste Marktphase bestätigt das: Die gekaufte Einzelaktienvolatilität konnte in beiden Fonds signifikante positive Beiträge zur Fonds-Performance liefern.

Aktuell sind Einzelaktien-/Indexkombinationen insbesondere am US-Markt interessant und speziell im Bereich der Mega Caps: Durch die außerordentlich gute Aktien-Perfomance der Top-US-Aktientitel bieten sich Investmentchancen in den jeweiligen Einzelaktienvolatilitäten.

Matthias Kunze / © Assenagon Asset Management

Beitragsbild: © freshidea — stock.adobe.com

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