Chinas Wirtschaft im Wandel: Von Infrastruktur- zu Hightech-Innovationen

Chinas Wirtschaft durchläuft derzeit eine tiefgreifende Transformation: Weg von einem wachstumsgetriebenen Modell, das sich stark auf Immobilien und Infrastrukturinvestitionen stützte, hin zu einer Hightech- und konsumorientierten Volkswirtschaft. Diese Neuausrichtung birgt Chancen und Herausforderungen, sowohl für Unternehmen als auch für die chinesische Bevölkerung und Investoren.
17. Oktober 2024
Markus Kronreif - Foto: Copyright Roland Rudolph

Chinas Wirtschaft durchläuft derzeit eine tiefgreifende Transformation: Weg von einem wachstumsgetriebenen Modell, das sich stark auf Immobilien und Infrastrukturinvestitionen stützte, hin zu einer Hightech- und konsumorientierten Volkswirtschaft. Diese Neuausrichtung birgt Chancen und Herausforderungen, sowohl für Unternehmen als auch für die chinesische Bevölkerung und Investoren.

In den vergangenen Jahrzehnten war Chinas Wirtschaft maßgeblich von massiven Investitionen in Immobilien und Infrastruktur getrieben. Im Jahr 2018 erreichte der Immobiliensektor einen Höchststand und trug 24 % zum chinesischen Bruttoinlandsprodukt (BIP) bei. Schätzungen zufolge soll dieser Anteil bis 2026 auf etwa 16 % sinken und durch das Aufstreben neuer Schlüsselindustrien kompensiert werden, insbesondere in den Bereichen Kommunikationstechnologie, hochentwickelte Produktion sowie Green-Tech zählen als Schlüssel zum Erfolg.

Dieser ökonomische Strukturwandel ist jedoch mit erheblichen sozialen und wirtschaftlichen Verwerfungen verbunden. Immobilien stellen nach wie vor die bedeutendste Anlageklasse für private Haushalte in China dar – etwa 70 % des privaten Vermögens sind in Immobilien investiert. Diese Abhängigkeit von Immobilienwerten, kombiniert mit einer traditionell hohen Sparquote, dämpft die Konsumbereitschaft der Bevölkerung. Trotz des hohen Sparvermögens sind chinesische Konsumenten zunehmend vorsichtig, was sich auch in den jüngsten makroökonomischen Indikatoren widerspiegelt. Die Entwicklungen am Immobilienmarkt belasten zudem die Bilanzen des Finanzsektors und die Kreditvergabe. So steht China unter anhaltendem Deflationsdruck, der hauptsächlich durch die schwache Binnennachfrage verursacht wird. Der Verbraucherpreisindex (CPI) verzeichnete im September 2024 lediglich einen Anstieg von 0,4 % im Jahresvergleich – der schwächste Anstieg seit drei Monaten. Auch der Erzeugerpreisindex (PPI) sank im gleichen Zeitraum um 2,8 %, was auf ein anhaltendes Deflationsrisiko hinweist.

Trotz dieser makroökonomischen Herausforderungen konnten viele chinesische Large Caps Rekordgewinne erzielen und auch für das Jahr 2025 werden erneut Rekordgewinne erwartet. Viele Unternehmen zeigen eine zunehmende Bereitschaft, die Renditen für die Aktionäre in Form von Dividendenzahlungen und Aktienrückkäufen zu erhöhen. Der MSCI China, ein Index, der die Wertentwicklung chinesischer Unternehmen misst, zeigt, dass diese Firmen etwa 21 % ihrer Assets in Cash halten – mehr als doppelt so viel wie der globale Durchschnitt von 10,5 %. Sollten chinesische Unternehmen ihren Cash-Bestand weiter an den globalen Durchschnitt anpassen, könnten weitere 250 Milliarden USD an Aktionäre ausgeschüttet werden. Unternehmen wie Tencent, Alibaba und JD.com, die selbst unter schwierigsten makroökonomischen Bedingungen Rekordgewinne erzielen, nutzen die günstigen Kursbewertungen, um ihre Aktienrückkäufe weiter auszubauen. Alibaba hat beispielsweise angekündigt, seine ausstehenden Aktien in den nächsten drei Jahren durch weitere Rückkäufe jährlich um 3 % zu reduzieren.

Dass der Wandel in der chinesischen Wirtschaft erfolgreich gelingen kann, demonstrieren Unternehmen wie der Fahrzeugbauer BYD. BYD ist der weltweit größte Hersteller von NEV (New Engine Vehicles, Batterie Elektrische und Hybridfahrzeuge). Während westliche Autobauer mit Absatzproblemen zu kämpfen haben, hat BYD seine Absatzprognosen für 2024 von 3,6 Millionen auf 4 Millionen Fahrzeuge angehoben. Zudem verfolgt das Unternehmen ambitionierte Expansionsstrategien: In Thailand wurde bereits ein Produktionswerk in Betrieb genommen, während neue Standorte in Brasilien, der Türkei und Ungarn im Bau sind. Angesichts der geopolitischen Spannungen und verkündeter Importzölle ist sich BYD der Herausforderungen auf den globalen Märkten bewusst. Daher betont das Unternehmen, dass beispielsweise die USA nicht als Hauptabsatzmärkte im Fokus stehen. Stattdessen richtet sich BYD auf andere internationale Märkte aus, die das weitere Wachstum des Unternehmens unterstützen sollen.

Ein weiteres Beispiel für Chinas wachsende technologische Vormachtstellung ist Xiaomi. Das Unternehmen hat sich als weltweit drittgrößter Smartphone-Hersteller hinter Samsung und Apple etabliert und sein Produktportfolio kontinuierlich erweitert. Neben Smartphones bietet Xiaomi auch Smart-Home-Geräte, Notebooks, Tablets und Smartwatches an. Im März 2024 brachte das Unternehmen sein erstes Elektrofahrzeug auf den Markt. Mit dem Ziel, ein umfassendes Ökosystem zu schaffen, das dem von Apple ähnelt. Das Elektroauto wird als „fahrendes Smartphone“ positioniert, um Xiaomis technologische Vorteile optimal zu nutzen. Langfristig ist das Ziel, sich unter den fünf größten Autoherstellern weltweit zu etablieren. Der Verkaufsstart verlief äußerst erfolgreich, was Xiaomi dazu veranlasste, seine Verkaufsprognosen mehrmals nach oben zu korrigieren. Bis Ende des Jahres sollen zwischen 120.000 und 140.000 Fahrzeuge verkauft werden. Für das kommende Jahr ist die Einführung eines zweiten Modells, eines SUVs, geplant. Gleichzeitig arbeitet Xiaomi bereits akribisch an Expansionsplänen, um seine Marktposition weiter auszubauen.

Trotz der bestehenden Herausforderungen, insbesondere der schwachen Konsumnachfrage, bieten selektive Investitionen in unterbewertete, aber fundamental starke Unternehmen eine potenziell vielversprechende Strategie. Die dynamische Entwicklung in den Hightech-Sektoren und die wachsende Bereitschaft führender Unternehmen, durch Dividendenzahlungen und Aktienrückkäufe die Renditen für Aktionäre zu steigern, bieten interessante Investitionschancen für langfristig orientierte Anleger. Das kürzlich verabschiedete Finanzstimulus-Paket der chinesischen Regierung unterstreicht deren Entschlossenheit, den Finanzmarkt und die Wirtschaft zu stabilisieren und das Vertrauen der Investoren weiter zu stärken. In Kombination mit der Fähigkeit führender Unternehmen, selbst in einem schwierigen makroökonomischen Umfeld Rekordgewinne zu erzielen, zeigt sich, dass das Potenzial für nachhaltiges Wachstum und attraktive Investitionsmöglichkeiten am chinesischen Aktienmarkt weiterhin erheblich ist. 

Gastkommentar von Markus Kronreif, Fondsmanager im Team Aktien CEE & Global Emerging Markets bei Raiffeisen Capital Management

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