Deutschland hat eine neue Bundesregierung – und mit ihr die Chance auf einen wirtschaftspolitischen Neustart. Dr. Felix Schmidt, Senior Economist von Berenberg, ordnet die Bedeutung der Koalition, Kanzlerwahl und der geplanten Reformen aus ökonomischer Sicht ein:
„Nach monatelangem Streit, dem Bruch der Ampelkoalition, Neuwahlen, Koalitionsverhandlungen und zwei Anläufen bei der Wahl zum Bundeskanzler hat Deutschland endlich eine neue Regierung. Das Ende der politischen Unsicherheit ist wichtig für die deutsche Wirtschaft und war überfällig. Denn die Herausforderungen, vor denen das Land steht, sind enorm und reichen von geopolitischen Bedrohungen bis hin zu wirtschaftlichen Strukturproblemen.
Die Lockerung der Schuldenbremse für Mehrausgaben in den Bereichen Infrastruktur und Verteidigung wird helfen, die Herausforderungen zu bewältigen. Aber Geld allein wird die Probleme nicht lösen. Es wird die Aufgabe des neu gewählten Bundeskanzlers Friedrich Merz sein, in Abstimmung mit den anderen Staats- und Regierungschefs der Europäischen Union angemessen auf die geo- und handelspolitischen Konflikte zu reagieren. Dass Merz gleich an seinem ersten Arbeitstag als Bundeskanzler nach Frankreich und Polen reist, ist hier das richtige Signal. Und bei den innenpolitischen Aufgaben wird es vor allem darauf ankommen, dass die Union und die SPD im Tandem an Lösungen arbeiten und sich nicht wie die Vorgängerregierung im Streit um Einzelthemen in den Stillstand manövrieren. Dass sich unter den Kabinettsmitgliedern viele neue Gesichter befinden, könnte zu einem unbelasteten Neuanfang beitragen.
Dass Friedrich Merz zum ersten Mal in der deutschen Geschichte zwei Anläufe für die Wahl zum Bundeskanzler benötigt hat, lässt den Start der neuen Regierung bereits jetzt wackelig erscheinen.“
