Bringen höhere Anleihenrenditen Aktien zu Fall?

Die Aktienmärkte haben zuletzt nervös auf den Anstieg der Anleihenrenditen reagiert. Der Rentenmarkt hatte sich zuerst Zeit gelassen, um auf das – durch den US-Wahlausgang und die Impfstoffankündigungen eingeläutete – reflationäre Umfeld seit November zu reagieren. Von Ende Oktober bis Ende Dezember 2020 stiegen die Renditen auf zehnjährige US-Staatsanleihen gerade einmal um 4 Basispunkte.
27. Februar 2021
Maximilian Kunkel - Foto: © UBS

Die Aktienmärkte haben zuletzt nervös auf den Anstieg der Anleihenrenditen reagiert. Der Rentenmarkt hatte sich zuerst Zeit gelassen, um auf das – durch den US-Wahlausgang und die Impfstoffankündigungen eingeläutete – reflationäre Umfeld seit November zu reagieren. Von Ende Oktober bis Ende Dezember 2020 stiegen die Renditen auf zehnjährige US-Staatsanleihen gerade einmal um 4 Basispunkte.

Dies hat sich seit Jahresbeginn rapide geändert; der Anstieg betrug rund 50 Basispunkte. Auch Renditen auf zehnjährige Bundesstaatsanleihen befinden sich auf dem höchsten Stand seit Monaten. Während die Renditeanstiege anfangs vornehmlich durch höhere Inflationserwartungen getrieben wurden, sahen wir zuletzt global eine Erhöhung der realen, also inflationsbereinigten, Zinsen. Ab wann könnte dies ein Problem für die Aktienmärkte werden? Hier gilt es, drei Dinge zu beachten:

Erstens, das Niveau: Dies sollte noch keine Sorge bereiten.  Die Renditen zehnjähriger US-Staatsanleihen sind im historischen Kontext weiterhin tief. Sie sind auf einem ähnlichen Niveau wie vor COVID und sollten noch kein Problem für Bewertungen darstellen. Dies verdeutlicht ein Vergleich mit der Gewinnrendite (Kehrwert des KGV) des MSCI-Welt-Index. Die Gewinnrendite von Aktien beträgt derzeit knapp 5 Prozent, ähnlich wie vor 20 Jahren. Die Rendite zehnjähriger US-Staatsanleihen liegt hingegen heute mehr als 3,5 Prozentpunkte tiefer.

Zweitens, die Geschwindigkeit des Anstiegs: Dies bereitet den Aktienmärkten Verdauungsschwierigkeiten. Immer dann, wenn die zehnjährigen US-Realrenditen seit der globalen Finanzkrise um über 50 Basispunkte in einem Monat gestiegen sind, ging das mit schwächeren oder negativen Aktienrenditen einher. Die US-Realrenditen haben seit dem 26. Januar um 47 Basispunkte angezogen. Da sich die Aktienkurse an das neue Umfeld erst anpassen müssen, ist mit einer Phase höherer Marktschwankungen zu rechnen.

Drittens, der Grund für den Anstieg: Fundamental wichtiger jedoch als das Niveau und die Geschwindigkeit, ist der Grund für den Anstieg der Anleihenrenditen. Wenn der Anstieg auf die Erwartung einer restriktiveren Geldpolitik zurückgeht, ist dies problematisch für die Aktienmärkte. Dies zeigte sich beispielsweise 2013, als die Federal Reserve über eine Reduzierung der Anleihenkäufe spekulierte und der Markt dies als Beginn vom Ende der geldpolitischen Lockerung interpretierte („Taper Tantrum“). Falls der Ausblick auf stärkeres Wachstum die Anleihenrenditen treibt, können die Aktienmärkte diese nach einer kurzen Zeit der Anpassung gut absorbieren. Dies war beispielswiese 2016 zu beobachten. Wir gehen davon aus, dass letzteres der Fall sein wird. Für gewisse Sektoren hat diese Entwicklung wichtige Auswirkungen. Wir bevorzugen weiterhin Bereiche, die von einem höheren Wachstum und einer steileren Renditekurve profitieren könnten, zum Beispiel Finanz‑, Industrie- und Energieaktien”

Kommentar von Maximilian Kunkel, Chefanlagestratege für UBS in Deutschland

Maximilian Kunkel — Foto: © UBS

 

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