BlueBay AM: „Japan dürfte die Kontrolle der Renditekurve bald beenden“

Die Europäische Zentralbank bleibt aus Sicht von Mark Dowding, Chief Investment Officer bei BlueBay Asset Management, weiterhin auf Zinserhöhungskurs. In den USA könnten Hoffnungen auf einen geldpolitischen Schwenk enttäuscht werden und in Japan steigen die Inflationssorgen.
31. Oktober 2022
Mark Dowding - Foto: © RBC BlueBay AM

Die Europäische Zentralbank bleibt aus Sicht von Mark Dowding, Chief Investment Officer bei BlueBay Asset Management, weiterhin auf Zinserhöhungskurs. In den USA könnten Hoffnungen auf einen geldpolitischen Schwenk enttäuscht werden und in Japan steigen die Inflationssorgen.

Die Sitzung der Europäischen Zentralbank (EZB) in dieser Woche brachte nur wenige Überraschungen: Die Währungshüter um Christine Lagarde hoben die Leitzinsen um 75 Basispunkte an; der Einlagenzinssatz liegt nun bei 1,5 Prozent. Trotz der Verlangsamung der Wirtschaft in der Eurozone dürfte die EZB die Zinsen vor dem Hintergrund einer problematischen Inflation in den kommenden Monaten um weitere 100 Basispunkte anheben. Ein Höhepunkt der Teuerung scheint erst gegen Ende des ersten Quartals 2023 wahrscheinlich. Daher könnte die EZB trotz der rezessiven Wirtschaft die Zinsen weiter anheben – auch wenn die US-Notenbank Fed eine Pause einlegt.

Die US-Renditen sind in der vergangenen Woche gesunken, da die Hoffnung auf einen baldigen Schwenk der Fed wächst. Dieser könnte etwa so aussehen, dass der Offenmarktausschuss (FOMC) das Tempo der geldpolitischen Straffung im Dezember verlangsamt und die Zinserhöhungen im ersten Quartal des kommenden Jahres aussetzen wird. Auf der Fed-Sitzung in der kommenden Woche dürfte der vierte Zinsschritt in Folge um 75 Basispunkte erfolgen. Damit würde der Leitzins (Fed Funds Target Rate) auf 4 Prozent steigen.

Die Geldpolitik hat sich über den von Fed-Chef Jerome Powell und seinen Kollegen als neutral angesehenen Satz hinausbewegt. Daher ist es verständlich, dass der Wunsch nach einer baldigen Verringerung des Straffungstempos besteht. Zinssensible Wirtschaftssektoren wie der Wohnungsbau scheinen bereits zum Stillstand gekommen zu sein. Vorerst bleibt die Kerninflation jedoch auf einem zyklischen Höchst- und die Arbeitslosigkeit auf einem Tiefststand. Das gibt dem FOMC wenig Gelegenheit, eine eher gemäßigte Haltung einzunehmen, bis die Daten mitspielen.

Es herrscht das Gefühl, dass die Geldpolitiker bei einer so hohen Inflation eine zu frühe Pause nicht riskieren können. Daher besteht Enttäuschungspotenzial für alle, die auf einen Schwenk in der nächsten Woche hoffen. Es könnte zunächst eine Wende bei den Daten im kommenden Monat nötig sein.

Die Sitzung der Bank of Japan in dieser Woche stand ebenfalls im Mittelpunkt des Anlegerinteresses. Die heute in Tokio veröffentlichten Daten zum Verbraucherpreisindex (CPI) zeigen eine jährliche Inflationsrate von 3,5 Prozent. Der Kernverbraucherpreisindex liegt inzwischen leicht über dem Inflationsziel von 2,0 Prozent und weist einen steigenden Trend auf. Der globale Druck in Verbindung mit einem schwachen Yen hat die Preise in die Höhe getrieben. Da die Teuerung in Japan immer mehr zum Thema wird, entsteht der Eindruck, dass die Unternehmen, die die steigenden Inputkosten aufgefangen haben, plötzlich eher geneigt sind, diese Kosten an die Verbraucher weiterzugeben.

Wir sind der Meinung, dass eine Kontrolle der Renditekurve nicht mehr gerechtfertigt ist und der japanische Zentralbankchef Haruhiko Kuroda sie in Kürze beenden wird. Die geldpolitische Divergenz zu anderen Währungsräumen hat den Yen auf ein unterbewertetes Niveau getrieben. Da die US-Geldpolitik weiter gestrafft wird, ist zu befürchten, dass der Druck auf den Wechselkurs ohne eine Änderung der japanischen Geldpolitik in absehbarer Zeit nicht nachlassen wird. Strukturell gesehen bleiben wir in Erwartung eines geldpolitischen Wechsels bei japanischen Staatsanleihen (JGBs) short. In der Hoffnung, dass ein solcher Schritt nicht allzu weit entfernt sein könnte, haben wir auch eine bescheidene Long-Position in Yen eingenommen. Denn wir gehen davon aus, dass der langfristige faire Wert der japanischen Währung wahrscheinlich näher bei 125 als bei 150 liegt.

Wir biegen nun gefühlt auf die Zielgerade des Jahres 2022 ein. Dieses war für Anleger in vielen Strategien eine außergewöhnliche Herausforderung. Wenn sich aber der Staub gelegt hat, sehen wir mit Blick auf das Jahr 2023 vielversprechendere Voraussetzungen für das Eingehen zusätzlicher Risiken.

Allerdings müssen wir dazu auf Daten warten, die bestätigen, dass die Inflation sich dreht und die Zinsen ihren Höchststand erreichen werden. Vor einer potenziellen Jahresendrallye dürften also noch einige Hindernisse zu überwinden sein.“ (ah)

SOCIAL MEDIA

RECHTLICHES

AGB
DATENSCHUTZ
IMPRESSUM
© wirkungswerk
ALLE RECHTE VORBEHALTEN

Anmeldung zum Newsletter