Bestandssanierung als Renditetreiber

ESG-orientierte Investoren in Wohnimmobilien fokussieren sich stark auf Neubauobjekte. Zu Unrecht, denn die Sanierung von Bestandsimmobilien bietet große Potenziale – sowohl in Bezug auf den Nachhaltigkeits-Impact als auch die Rendite.
25. April 2023
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ESG-orientierte Investoren in Wohnimmobilien fokussieren sich stark auf Neubauobjekte. Zu Unrecht, denn die Sanierung von Bestandsimmobilien bietet große Potenziale – sowohl in Bezug auf den Nachhaltigkeits-Impact als auch die Rendite.

Nachhaltigkeit, insbesondere eine hohe Energieeffizienz, ist für viele institutionelle Investoren zur Grundvoraussetzung für ein Engagement in die Anlageklasse Wohnimmobilien geworden. Bei Fondsanlagen konzentrieren sie sich meist auf solche Vehikel, die Neubauobjekte erwerben.

Das leuchtet vordergründig ein: Neue Gebäude haben ab Erwerb einen hohen energetischen Standard, und entsprechend hoch ist die durchschnittliche Energieeffizienz im Portfolio. Das lässt sich einfach kommunizieren, und um Sanierungen, die zusätzliches Kapital und Know-how erfordern, muss man sich wenig Gedanken machen.

Und doch ist die Fixierung auf den Neubau kurzsichtig – aus unterschiedlichen Gründen. Zwar sind Neubauten aufgrund der entsprechenden ESG-Vorschriften sehr energieeffizient, jedoch bringen sie für den Klimaschutz vergleichsweise wenig. Mehr als die Hälfte der rund 22 Millionen Wohngebäude in Deutschland sind Altbauten aus der Zeit vor der ersten Wärmeschutzverordnung von 1977. Die allermeisten dieser Häuser werden auch 2030, wenn der Treibhausgasausstoß zur Erreichung des 1,5‑Grad-Ziels um 40 bis 60 Prozent gesunken sein soll, noch stehen und bewohnt sein. Den Bestand auf einen zeitgemäßen energetischen Standard zu heben, ist unabdingbar für das Erreichen der Klimaziele, und das geht nur mit privatem Kapital.

Energieeffizienz wird zum entscheidenden Werttreiber 

Für Investoren kann sich das bereits heute lohnen. Denn Sanieren bringt nicht nur ökologischen Impact, sondern ermöglicht auch erhebliche Wertsteigerungen. So sind Ankäufe deutlich günstiger als neue Objekte mit ansonsten vergleichbaren Parametern. Je nach Gebäudetyp kann eine Sanierung die Energieeffizienz um 30 bis 50 Prozent verbessern. Diese entwickelt sich zum entscheidenden Kriterium für den Wiederverkaufswert und beeinflusst ihn entscheidend.

Energetische Sanierungen erlauben auch ein deutliches Anheben des Mietniveaus. Bei unsanierten Objekten liegen die Mieten regelmäßig um bis zu ein Drittel unter dem marktüblichen Vergleichswert, zudem weisen sie häufig hohe Leerstandsquoten auf. Mit der Sanierung werden die Wohnungen erheblich marktgängiger, und bei Neuvermietungen lassen sich marktübliche Mieten realisieren. Zudem kann über die Modernisierungsumlage die Miete auch für die Bestandsmieter angehoben werden. Aufgrund der hohen Energiepreise gleichen die Einsparungen bei den Nebenkosten die höhere Kaltmiete zum überwiegenden Teil aus, so dass eine energetische Sanierung für Bestandsmieter ohne große Mehrbelastungen bei der Gesamtmiete erfolgen kann.

Wertsteigerung mit angemessenem Aufwand 

Die Maßnahmen, die Bestandsentwickler dafür durchführen müssen, sind auf den ersten Blick unspektakulär. In der Hauptsache geht es dabei um die Wärmedämmung von Außenwänden und Dächern, den Austausch von Fenstern und Türen durch besser isolierende Fabrikate und den Ersatz veralteter Heizungen durch energieeffizientere Technik. Innovative Technologien wie Brennstoffzellenheizungen oder eigene Energieerzeugung etwa durch Solaranlagen sind optional, aber für das Erreichen der Sanierungsziele in der Regel nicht notwendig. Es geht nicht darum, zukunftsweisende Musterhäuser zu schaffen, sondern darum, mit angemessenem Aufwand und ohne unzumutbare Lasten für die Mieter den Klimaschutz-Impact zu verbessern und den Wert des Objekts zu steigern.

Die Bau- und Materialkosteninflation belastet Sanierer auch, jedoch in deutlich geringerem Maße als Neubau-Bauherren. Wohnungsunternehmen bieten sich außerdem unterschiedlichste Hebel, um die Kosten dafür im Rahmen zu halten. Das gilt vor allem für solche Unternehmen, die über ein eigenes Projekt- und Assetmanagement verfügen. Sie sind direkter am Markt und können Preistiefs nutzen. Zudem können sie, anders als Firmen, die solche Leistungen outgesourct haben, durch Rahmenverträge mit Lieferanten und Dienstleistern ihre Einstandskosten dauerhaft niedrig halten.

Den Staat an den Kosten beteiligen

Ein weiterer wichtiger Hebel sind staatliche Fördermittel. Im abgelaufenen Jahr hatte die Bundesregierung rund 11,5 Milliarden Euro für die energetische Ertüchtigung von Gebäuden zur Verfügung gestellt, und aufgrund der Bedeutung des Gebäudesektors für das Erreichen der Klimaziele ist auch für dieses und die Folgejahre mit Fördertöpfen in mindestens derselben Höhe zu rechnen. Hinzu kommen Zuschüsse der KfW für einzelne Sanierungsmaßnahmen von teils bis zu 20 Prozent der Kosten und BAFA-Zuschüsse, die bis zu 45 Prozent der Kosten abdecken können.

Längst nicht alle Unternehmen verfügen über das Know-how, um sich in dem undurchsichtigen und sich ständig verändernden Förderdschungel zurechtzufinden. Doch wer sich hier auskennt, kann den Staat zu einem erheblichen Teil an den Sanierungskosten beteiligen.

Wohnraum wird in Deutschland auf absehbare Zeit knapp bleiben. Dafür sorgen unterschiedliche Trends. Zur steigenden natürlichen Bevölkerungsentwicklung kommt die Netto-Zuwanderung hinzu, die derzeit durch Millionen Geflüchtete zusätzlich hochgetrieben wird. Zudem nimmt der Wohnflächenbedarf je Einwohner seit Jahren stetig zu.

Klar ist, dass mehr Wohnungsneubau eine der wichtigsten politischen und gesellschaftlichen Aufgaben ist. Wohnungsunternehmen, die über die oben genannten Kapazitäten verfügen, können auch im aktuellen Umfeld profitabel bauen. Nichtsdestotrotz ist die Neubautätigkeit seit Jahren unzureichend, und aktuell wird sie durch steigende Baukosten und Zinsen zusätzlich gebremst. Das verstärkt die Nachfrage nach Bestandswohnungen.

Für Investments in energetische Bestandssanierungen sprechen also gute Gründe. Aus klimapolitischer Sicht sind sie unverzichtbar. Mit den richtigen Tools durchgeführt und unter konsequenter Nutzung staatlicher Fördertöpfe können sie die Profitabilität des Portfolios erheblich heben – und das, ohne Bestandsmieter über Gebühr zu belasten.

Gastautor: Dirk Hasselbring, Vorstand d.i.i. Investment GmbH

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