Die Regulierung von Kryptoverwahrern ändert sich zum Jahresende erneut. Erst vor knapp vier Jahren hat der deutsche Gesetzgeber eine umfassende Regulierung für Kryptoverwahrer eingeführt. Vier Jahre später gibt es nun einen Entwurf über ein Gesetz über die Digitalisierung des Finanzmarktes („FinmadiG“), dass die Regulierung aus 2020 wieder grundlegend ändert. Kryptoverwahrer müssen sich daher schon wieder auf neue aufsichtsrechtliche Anforderungen einstellen.
Ausgangssituation der Regulierung der Kryptoverwahrung in Deutschland
Kryptoverwahrer verwahren Kryptowerte wie den Bitcoin für ihre Kunden. Kryptoverwahrer betreiben dazu sogenannte Wallets, in denen sie die Kryptowerte ihrer Kunden „speichern“. In der Wallet des Kryptoverwahrers befindet jedoch nicht der Kryptowert selbst, sondern nur die privaten kryptografischen Schlüssel zu den Kryptowerten. Der Kryptowert selbst ist ausschließlich auf der Blockchain begeben. Der private kryptografische Schlüssel ist nicht mit dem Kryptowert gleichzusetzen. Er ermöglicht dem Inhaber des Kryptowerts, Verfügungen über den Kryptowert zu treffen. Kryptoverwahrer speichern diese privaten kryptografischen Schlüssel und können damit Transaktionen über den Kryptowert in eine andere Wallet signieren. Darüber hinaus kann der Kryptoverwahrer über den privaten kryptografischen Schlüssel auch Rechte aus dem Kryptowert verwalten. Dazu zählt etwa die Ausübung von Stimmrechten, die mit einem Kryptowert verbunden sind.
Das Kryptoverwahrgeschäft ist seit Anfang 2020 eine von der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) beaufsichtigte Finanzdienstleistung. Unternehmen, die Kryptowerte oder private kryptografische Schlüssel zu Kryptowerten für andere verwahren möchten, benötigen dafür eine gesonderte Erlaubnis und ihre Geschäftstätigkeiten zur Kryptoverwahrung unterliegen der strengen BaFin-Aufsicht. Das Kryptoverwahrgeschäft umfasst derzeit die Verwahrung von Kryptowerten wie Security Token, Currency Token, Utility Token mit Anlagezweck, vermögenswertereferenzierte Token, NFT mit Anlagezweck, die keine Serie/Sammlung sind sowie die Sicherung privater kryptografischer Schlüssel zu Kryptowertpapieren und Kryptofondsanteilen.
Kryptoverwahrer sind notwendig, um Kryptowerte auch der breiten Bevölkerung möglichst sicher zugänglich zu machen. Es ist zwar aufgrund der Dezentralität der Blockchain grundsätzlich möglich, dass Inhaber von Kryptowerten ihre Kryptowerte in einer eigenen Wallet halten. Dabei kann es sich zum Beispiel um eine Software Wallet handeln, die als marktübliche App mit dem Smartphone bedienbar ist oder eine Hardware Wallet, die die privaten kryptografischen Schlüssel offline auf einem verschlüsselten Datenträger speichert. Diese beiden gängigen Varianten setzen jedoch eine gewisse Technikaffinität voraus und sind auch immer mit dem Risiko des Verlustes der privaten kryptografischen Schlüssel verbunden. Kunden eines lizensierten Kryptoverwahrers müssen sich um die Verwahrung ihrer privaten kryptografischen Schlüssel nicht selbst kümmern, sondern verlassen sich auf eine von der BaFin regulierte Verwahrinfrastruktur verlassen.
Um eine Erlaubnis zur Erbringung des Kryptoverwahrgeschäfts zu erhalten, müssen Unternehmen einen Erlaubnisantrag bei der BaFin stellen. Ein solches Verfahren ist selbst für etablierte Finanzmarktakteure ein zeit- und kostenintensives Unterfangen. Die BaFin möchte vom Geschäftsplan, über Prozessbeschreibungen zur technischen und operativen Umsetzung bis hin zur Geeignetheit der Geschäftsleiter eine Fülle an Informationen über das antragstellende Unternehmen erhalten. Dabei ist insbesondere bei der Kryptoverwahrung die technische Ausgestaltung der Verwahrlösung von entscheidender Bedeutung und führt in laufenden Erlaubnisverfahren zu konkreten Rückfragen der BaFin.
Zukünftige europäische Regulierung
Obwohl die deutsche Regulierung über Kryptoverwahrung selbst noch in den Kinderschuhen steckt, steht sie in ihrer jetzigen Form schon wieder vor dem Aus. Ab dem 30. Dezember 2024 gilt nämlich die Verordnung (EU) 2023/1114 über Märkte für Kryptowerte („MiCAR“) für die Kryptoverwahrung. Auch die MiCAR Regulierung erhält einen Erlaubnisvorbehalt für das Kryptoverwahrgeschäft, allerdings deckt sich dieser nicht mit der bisherigen nationalen Krypto-Regulierung.
Daher stellte auch der deutsche Gesetzgeber als Antwort auf die europäische MiCAR-Regulierung mit dem Entwurf des FinmadiG Änderung der aufsichtsrechtlichen Behandlung von Kryptoverwahrung vor. Danach ist die Kryptoverwahrerlaubnis zukünftig aufgeteilt in eine deutsche und eine europäische Erlaubnis. Dabei herrscht zwischen den Anwendungsbereichen der beiden Regulierungen ein Alternativverhältnis. Sofern die Verwahrung von Kryptowerten bereits unter die MiCAR fällt, benötigt ein Unternehmen für diese Tätigkeit eine Zulassung unter der MiCAR. Eine Erlaubnis nach dem KWG ist dann nicht mehr ausreichend und auch nicht mehr notwendig. Die folgende Abbildung veranschaulicht die zukünftigen Anwendungsbereiche der Kryptoverwahrung unter der MiCAR und der qualifizierten Kryptoverwahrung unter dem KWG. Unter die kryptografischen Instrumente im Sinne de KWG-Entwurfs fallen insbesondere tokenisierte Wertpapiere, sogenannte Security Token.
Möchte ein Unternehmen neben klassischen Currency Token, wie beispielsweise dem Bitcoin, auch tokenisierte Wertpapiere als Security Token verwahren, benötigt das Unternehmen zukünftig beide Kryptoverwahrlizenzen. Unternehmen können die Lizenz zum qualifizierten Kryptoverwahrgeschäft unter dem KWG und die Kryptoverwahrlizenz unter der MiCAR parallel halten. Allerdings unterliegen sie dann auch den aufsichtsrechtlichen Pflichten beider Regulierungen.
Erlangung der Erlaubnis
Um die Erlaubnis zur Erbringung der Kryptoverwahrung zu erlangen, müssen Unternehmen einen entsprechenden Antrag bei der BaFin stellen. Zum gegenwärtigen Zeitpunkt können Unternehmen nur ein Antrag auf das Kryptoverwahrgeschäft unter dem KWG stellen. Ab wann Unternehmen auch Anträge auf Zulassung des Kryptoverwahrgeschäfts unter der MiCAR stellen können, ist derzeit noch unklar.
Sofern ein Unternehmen am 29. Dezember 2024 die Erlaubnis zur Erbringung des Kryptoverwahrgeschäfts nach deutschem Recht hält, gilt die Erlaubnis für die Erbringung des qualifizierten Kryptoverwahrgeschäfts als erteilt. Ein gesonderter Antrag ist dann nicht nötig.
Es ist nicht auszuschließen, dass die Unternehmen, die sich derzeit im Erlaubnisverfahren befinden, bis zum 29. Dezember 2024 keine endgültige Entscheidung der BaFin über das Kryptoverwahrgeschäft erhalten. Diese Unternehmen müssen dann jedoch keinen neuen Erlaubnisantrag hinsichtlich des qualifizierten Kryptoverwahrgeschäfts stellen. Sie müssen der BaFin lediglich mitteilen, dass sie das laufende Verfahren auf die Erlaubnis zum qualifizierten Kryptoverwahrgeschäft umstellen möchten.
Unter der MiCAR ist die Stellung eines Erlaubnisantrags schon aufgrund der Tatsache, dass es drei verschiedene Zulassungsverfahren gibt, komplex. Zum einen gibt es das Standardzulassungsverfahren, das alle Unternehmen durchlaufen können, die nicht bereits eine deutsche Erlaubnis für die Kryptoverwahrung haben. Bestimmte Finanzunternehmen, wie Kreditinstitute und Wertpapierfirmen, müssen keinen Zulassungsantrag unter der MiCAR stellen, sondern ihre beabsichtigte Erbringung der Kryptoverwahrung nur der BaFin gegenüber anzeigen. Kryptoverwahrer, die bereits eine deutsche Erlaubnis für die Kryptoverwahrung haben, können das vereinfachte Zulassungsverfahren durchlaufen, deren Anforderungen der deutsche Gesetzgeber aktuell konkretisiert.
Ausblick
Die Regulierung rund um die Kryptoverwahrung war bereits vor Inkrafttreten der europäischen MiCAR Regulierung komplex. Nun ist die Komplexität noch wesentlich gesteigert. Vor allem für Kryptoverwahrer, die typischerweise keine Finanzunternehmen, sondern Start-ups aus dem IT-Bereich sind, bedingt diese neue Regulierung nach nur kurzer Zeit erhebliche Herausforderungen. Die komplexen und langwierigen Erlaubnisverfahren binden bei den antragstellenden Unternehmen personelle sowie finanzielle Ressourcen, die gerade Start-ups oft anderweitig benötigen. Das nun nach nur kurzer Zeit erneut, zumindest teilweise neue Verfahren zu durchlaufen sind und neue Anforderungen einzuhalten sind, erhöht den regulatorischen Druck auf die Kryptoverwahrer.
Autoren: Dr. Dr. Johannes Blassl, Rechtsanwalt und Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht, HEUKING
Svenja Brinkmann, Rechtsanwältin, HEUKING