Aus magischem Dreieck wird „nach­haltiges“ Viereck der Geldanlage

Würde man Anleger danach fragen, welche Eigenschaften das perfekte Finanzprodukt haben sollte, würden wahrscheinlich die Kriterien hohe Rendite, kein Risiko und tägliche Verfügbarkeit genannt werden. Nur das bleibt oftmals leider ein Wunschgedanke, denn wir leben in keiner perfekten Welt, mit perfekten Finanzprodukten. Jeder Anleger, der sich über die Ziele seiner Geldanlage Gedanken macht, wird früher oder später mit diesem Spannungsfeld in Berührung kommen und feststellen, dass er bei den Zielen seiner Geldanlage Kompromisse eingehen muss.
25. Februar 2022
Leo Willert - Foto: © ARTS Asset Management

Würde man Anleger danach fragen, welche Eigenschaften das perfekte Finanzprodukt haben sollte, würden wahrscheinlich die Kriterien hohe Rendite, kein Risiko und tägliche Verfügbarkeit genannt werden. Nur das bleibt oftmals leider ein Wunschgedanke, denn wir leben in keiner perfekten Welt, mit perfekten Finanzprodukten. Jeder Anleger, der sich über die Ziele seiner Geldanlage Gedanken macht, wird früher oder später mit diesem Spannungsfeld in Berührung kommen und feststellen, dass er bei den Zielen seiner Geldanlage Kompromisse eingehen muss.

Dieses Dilemma wird auch im magischen Dreieck der Geldanlage sichtbar, denn Rendite, Risiko und Verfügbarkeit (Liquidität) stellen oft drei konkurrierende Ziele dar. Wer beispielweise Wert auf ein hohes Maß an Sicherheit legt, der wird wohl auch eine nicht ganz so hohe Rendite erzielen. Daher ist abzuwägen, wie viel Sicherheit einem Investor wichtig ist bzw. wie viel Risiko er bereit ist zu nehmen, um einen bestimmten Ertrag zu erzielen.

Angesichts der enormen Nachfrage privater und institutioneller Anleger nach Geldanlagen, die ökologische, soziale und Unternehmensführung-bezogene (ESG-) Kriterien berücksichtigen, hat sich in den vergangenen Jahren ein weiteres Kriterium als grundlegendes Ziel der Geldanlage herauskristallisiert: Nachhaltigkeit. Immer mehr Anleger verfolgen die Absicht, mit ihrer Geldanlage Unternehmen oder Staaten zu unterstützen, die nachhaltig wirtschaften. Sie zielen beispielsweise darauf ab, dass ihr Geld in Umweltprojekte, in die Verbesserung der Lebensbedingungen in den Entwicklungsländern oder zur Unterstützung von sozial benachteiligten Menschen investiert wird. Auch die mit August 2022 in Kraft tretende verpflichtende Abfrage von Nachhaltigkeitspräferenzen in der Anlageberatung sollte die ohnehin schon steigende Nachfrage nach nachhaltigen Produkten weiter verstärken. Dadurch wird zukünftig das magische Dreieck um eine weitere Dimension zum „nachhaltigen“ Viereck der Geldanlage erweitert.

Der starke Trend zu ESG sollte aber nicht die bestehenden drei Anlageziele überschatten oder gar ausblenden. Erst wenn der Anleger seine Prioritäten hinsichtlich Rendite, Sicherheit und Liquidität geklärt hat, sollte die Anlageklasse ausgewählt und das Anlageuniversum nach nachhaltigen Kriterien gefiltert werden.

Die perfekte Balance finden

Was ein erfolgreiches Finanzprodukt ausmacht, hat jeder Anleger für sich selbst zu entscheiden, da sich jeder Anleger bei seinem Investment auch an einem anderen Schwerpunkt orientiert. Doch um erfolgreich zu sein, sollten die Punkte: Rentabilität, Sicherheit, Verfügbarkeit und Nachhaltigkeit in guter Balance zueinanderstehen. Wie bereits erwähnt, jede Geldanlage erfordert eben Kompromisse, denn alle Ziele können nie gleichzeitig zu 100% erreicht werden. Beispielhaft bieten Aktien eine hohe Rendite und hohe Liquidität, aber dafür auch ein größeres Risiko durch Kursschwankungen und hohe maximale Wertverluste. Spareinlagen im Gegensatz sind täglich verfügbar, über das Einlagensicherungssystem gesetzlich bis zu EUR 100.000 geschützt, erwirtschaften aber keine oder nur sehr niedrige Renditen.

Es gibt aber auch Finanzprodukte, die versuchen, die verschiedenen Anlageziele bestmöglich zu vereinen, wie beispielsweise nachhaltige Veranlagungs-Strategien, vor allem wenn sie mit einem eingebauten Risikokontroll-System ausgestattet sind. Solche Anlageformen können Anlegern ein gutes Verhältnis aus Rendite, Sicherheit und Liquidität bieten und dies unter Berücksichtigung von nachhaltigen Aspekten.

Nachhaltig bedeutet noch lange nicht sicher

Ein Depot, das nur Aktien eines oder mehrerer Unternehmen beinhaltet, birgt Risiken und sollte grundsätzlich vermieden werden. Und zwar auch dann, wenn diese nachhaltig handeln. Denn ein ESG-Ansatz mag zwar Umweltrisiken reduzieren, stellt aber per se noch keine ausreichende Absicherung gegenüber Marktrisiken, wie Börsenrückschlägen, dar. Stürzt der Aktienmarkt ab, geht auch der Kurs von ESG-Aktien bzw. nachhaltigen ETFs in der Regel auf Talfahrt. Wenn also ESG-Fonds eine hohe Rendite versprechen, aber ohne ausgefeiltem Risikomanagement-Ansatz aufwarten, sollten Anleger hellhörig werden.

Dass passive ESG-ETFs, die einen Marktindex oft nur 1:1 abbilden, oder ESG-Fonds ohne Risikomanagement schutzlos Marktrisiken ausgeliefert sind, verdeutlicht beispielsweise die Entwicklung des MSCI World ESG Leaders Index. Der Nachhaltigkeits-Index hat im Zuge des Corona-Crashs im Jahr 2020 (zwischen dem 19. Februar 2020 und dem 23. März 2020) rund 34 Prozent an Wert verloren. Während der Finanzmarktkrise sah es sogar noch düsterer aus: der MSCI World ESG Leaders Index sank im Zeitraum vom 9. Oktober 2007 bis 9. März 2009 um rund 54 Prozent. Im Worst Case kann es viele Jahre andauern, bis auch ein ESG-Fonds seine Verluste wieder ausgeglichen hat.

Auch Diversifikation bleibt weiterhin hoch im Kurs

Um Klumpen- bzw. Konzentrationsrisiken zu vermeiden, sollte auch im Nachhaltigkeitsbereich eine Geldanlage nie aus nur einer einzelnen Anlageklasse bestehen. Das Zauberwort lautet stets Risikostreuung. Die Grundidee besteht eben darin, das eigene Vermögen auf verschiedene Anlageklassen zu verteilen und somit das Risiko zu senken. Auch im Nachhaltigkeitsbereich kann durch Investitionen in unterschiedliche Finanzprodukte eine Mischung aus renditeträchtigen, sicheren und liquiden Geldanlagen geschaffen werden. Sollte man sich jedoch nicht selbständig mit der Auswahl der einzelnen Anlageformen und der daraus abzuleitenden Diversifikationsstrategie beschäftigen wollen, kann man auch in einen nachhaltigen Mischfonds ausweichen, der aktiv, je nach Marktlage, die einzelnen Assetklassen für den Anleger gewichtet.

Ein möglicher Zugang wäre über den Erwerb eines quantitativen Asset Management-Ansatzes, der nach mathematischen Regeln aktiv die Anlageklassen steuert. Das bedeutet, dass im Falle eines Marktcrashs die Aktienquote reduziert und in sichere Anlageformen wie nachhaltige Anleihen oder Geldmarktinstrumente umgeschichtet wird. Durch diesen automatisierten Absicherungsprozess, der auf Basis von Algorithmen umgesetzt wird, sollen einerseits Emotionen wie Angst oder Gier ausgeschlossen und in Marktturbulenzen mögliche Verluste im Portfolio reduziert werden. Daher sollte man immer ein Auge auf alle vier Faktoren haben. Somit kann ein nachhaltiger ESG-Fonds neben einer angemessenen Rendite und einer täglichen Verfügbarkeit auch den Sicherheitsgedanken erfüllen.

Gastbeitrag von Leo Willert, Gründer und Head of Trading bei ARTS Asset Management

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