Auf dem Weg zum Mainstream

Ein aktueller Referentenentwurf des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) sieht die Abfragepflicht der Nachhaltigkeitspräferenz nun auch für Berater nach § 34f und § 34h GewO vor. Dr. Frank Ulbricht, Vorstand der BCA AG und Vorstandsvorsitzender der BfV Bank für Vermögen AG, erklärt im Gespräch, weshalb der Finanzdienstleister aus Oberursel bereits ESG-Ready ist.
17. November 2022
Dr. Frank Ulbricht, Vorstandsvorsitzender der BfV Bank für Vermögen AG und Vorstand der BCA AG - Foto: © BCA AG

Ein aktueller Referentenentwurf des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) sieht die Abfragepflicht der Nachhaltigkeitspräferenz nun auch für Berater nach § 34f und § 34h GewO vor. Dr. Frank Ulbricht, Vorstand der BCA AG und Vorstandsvorsitzender der BfV Bank für Vermögen AG, erklärt im Gespräch, weshalb der Finanzdienstleister aus Oberursel bereits ESG-Ready ist.

INTELLIGENT INVESTORS: Herr Dr. Ulbricht, der BMWK möchte künftig die ESG-Abfragepflicht auch für 34f-Vermittler. Wie stehen Sie zum dem aktuelle Referentenentwurf?
Dr. Frank Ulbricht: Wir haben den Ausgleich dieser Regulierungslücke erwartet. Seit dem 02. August 2022 sind Versicherungsvermittler bei der Vermittlung von Versicherungsanlageprodukten als auch Finanzberater in der Anlageberatung verpflichtet, die Nachhaltigkeitspräferenzen ihrer Kunden einzuholen; aufgrund einer Regulierungslücke bestand diese Verpflichtung vorerst nicht für Berater nach § 34f GewO. Diese Ungleichbehandlung konnte unseres Erachtens nicht lange Bestand haben. Daher hat uns die Reaktion des BMWK nicht verwundert. Folglich wird die Abfrage von Nachhaltigkeitspräferenzen künftig in der Anlageberatung in Deutschland und Europa zum Beratungsalltag; denn der europäische Gesetzgeber hat dem Kapitalmarkt und den Finanzdienstleistern einen klaren Auftrag erteilt: die künftigen Finanzströme in verantwortungsvolle und nachhaltige Anlagen zu lenken. Wir von unserer Seite waren dabei frühzeitig „ESG Ready“. So können Finanzberater die gesetzlich gewünschte Nachhaltigkeitspräferenzabfrage beim Kunden durch unsere Investmentsoftware DIVA intuitiv, leicht händelbar und regulatorisch einwandfrei durchführen.

II: Inwieweit kann der Anleger durch diese komplexe Anlagewelt durchblicken?
Dr. Ulbricht: Zugegeben: Die Transparenz- und Taxonomieverordnung erfüllen an sich schon den Tatbestand der Geheimwissenschaft. Hinzu kommt das in Europa bekannte Phänomen der zwei Geschwindigkeiten: Die Beratung hat die Pflicht, auf der Nachfrageseite Kundenpräferenzen zu erfassen, dabei sind auf der Angebotsseite die Produkte noch nicht final klassifiziert, Stichwort Technische Regulierungsstandards. Das macht es auch für interessierte Laien schwer, sich zu orientieren. Auf der anderen Seite zeigen uns der trockene und heiße Sommer genauso wie die Anhängigkeit von fossilen Energieträgern, wie wichtig das Thema nachhaltiges Investieren ist. Deshalb ist es gut, dass die Finanzdienstleistungsbranche das Thema aktiv aufnimmt. Der europäische Gedanke, die Finanzströme in nachhaltige Anlagen zu lenken, ist richtig. Die Herausforderung für Finanzberater besteht jetzt darin, die Geheimwissenschaft zum Mainstream zu machen. Zu erklären, was es mit nachhaltigen Anlagen auf sich hat, warum sich ESG und PAI nicht nur auf dem Konto auszahlen. Wie gesagt, als B2B-Dienstleister sind wir hier mit unseren Partnern und Kunden im Austausch, stellen die passenden Tools, den Service und das Know-how zur Verfügung,

II: Wie sieht die Hilfestellung der BCA und BfV konkret aus?
Dr. Ulbricht: Unser Angebot ist umfassend und geht von Produktwelten, Research-Angeboten über digitale Beratungsstrecken bis hin zu Weiterbildungsmöglichkeiten. Demzufolge stellen wir das Full-Service Paket zur Verfügung. Wie bereits geschildert, sind seit August alle erforderlichen Abfragen und Dokumentierungen in Bezug auf die Abfragepflicht der Nachhaltigkeitspräferenz im Rahmen der Beratungsstrecke DIVA integriert. Berater können somit bereits jetzt die Erfordernisse zur rechtskonformen Nachhaltigkeitsberatung erfüllen! Daneben steht Vermittler mit „Basis-“, „Fortgeschrittenen-“ und „Expertenschulung“ (IDD- und CFP-Punkte anrechenbar) ein abgestimmtes Schulungsangebot zur Verfügung. Vermittler profitieren von einem mehrstufigen Weiterbildungskonzept zum Thema ESG in Kooperation mit Re’public Sustainable Finance Consulting, e‑Mission GmbH und Nordea Asset Management. Ob Neueinsteiger oder Spezialist: die vielfältigen Schulungsangebote bieten für jeden Vermittler bedarfs- und praxisorientierte Lösungsansätze und zentrales Fachwissen für den Beratungsalltag. Durch dieses Angebot können sich Berater bestmöglich zum Thema Nachhaltigkeit positionieren und von den Chancen, die dieses Umfeld bietet, profitieren.

II: Bieten nachhaltige Aktienfonds eigentlich genügend Diversität und welche Renditeaussichten bieten sie?
Dr. Ulbricht: Wir sehen seit Jahren, dass die Nachfrage und das Bewusstsein für Nachhaltigkeit von Produkten steigt. Auch im Finanzdienstleistungssektor. Dieser Trend wird sich fortsetzen, — wir müssen uns daran gewöhnen, Nachhaltigkeit nicht nur als einen Wohlfühlfaktor zu sehen, der durch Rendite erkauft wird. Nachhaltigkeit in Finanzprodukten, so wie es der Europäische Gesetzgeber definiert hat, wird zu einer Bewertungsskala wie Volatilität und Renditechancen auch. So läuft ja auch die Beratung: Der Anleger wird nicht mehr nur entsprechend seiner Risikotoleranz und Renditeerwartung beraten und profiliert, sondern eben auch im Hinblick auf seine individuelle Nachhaltigkeitspräferenz. Im Übrigen gibt es auch in der Risikoklasse 7 Kapitalanlageprodukte nach Artikel 8 und 9; was nichts anderes bedeutet, als dass Nachhaltigkeit und Renditechancen sich nicht wechselseitig ausschließen. Gleichzeitig dürfen sie nicht vergessen, dass wir noch am Anfang der Entwicklung stehen, mit Inkrafttreten der Technischen Regulierungsstandards im nächsten Jahr, wird das Angebot und damit auch das Diversitätspotential sprunghaft ansteigen, — einfach weil Nachhaltigkeit für Unternehmen dann wettbewerbsrelevant wird. (ah)

 

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