Anleihen bleiben relevant für strategisches Risikomanagement

Mit Nachlassen des Covid-19-Sturms ziehen viele Anleger Bilanz und fragen sich, welche Rolle Anleihen als Kernanlage zukünftig spielen werden. Die Zinsen sind tief gefallen und die Staatshaushalte durch die Ankurbelung der Volkswirtschaften stark belastet. Wie sieht es im Vergleich mit vorherigen Phasen von akutem Marktstress aus? Ist es dieses Mal anders – oder genau wie bisher?
1. September 2020
Foto: © tomertu - stock.adobe.com

Mit Nachlassen des Covid-19-Sturms ziehen viele Anleger Bilanz und fragen sich, welche Rolle Anleihen als Kernanlage zukünftig spielen werden. Die Zinsen sind tief gefallen und die Staatshaushalte durch die Ankurbelung der Volkswirtschaften stark belastet. Wie sieht es im Vergleich mit vorherigen Phasen von akutem Marktstress aus? Ist es dieses Mal anders – oder genau wie bisher?

 

Der Covid-19-Schock ist in vielerlei Hinsicht beispiellos. Aber wenn wir das Verhalten von Anlageklassen während vergangener Phasen von Drawdowns an den Aktienmärkten analysieren, sehen wir, dass Anleihen als Kernanlage über viele Jahrzehnte in Krisen auffallend ähnliche Merkmale gezeigt haben. Wir sind überzeugt, dass es dieses Mal nicht anders ist.

Bei unserem Ansatz zum Portfolioaufbau meinen wir mit Kernanlagen („Core“), festverzinsliche Vermögenswerte mit niedriger Volatilität – zum Beispiel Investment-Grade-Anleihen –, die dem Risikomanagement dienen: Institutionelle Anleger halten diese Werte eventuell mit verschiedenen Restlaufzeiten, die ihren Verbindlichkeiten entsprechen; Einzelanleger halten sie vielleicht als Anlage, bei der sie gut schlafen können. Mit dieser Definition können wir diese Anleihen klar von den „Satellite“-Anleihen mit höherer Volatilität wie etwa Hochzinsanleihen unterscheiden, die in Portfolios langfristiges Wachstum erzielen sollen. Es gibt natürlich grundlegende Unterschiede zwischen den beiden Gruppen – nicht alle Zinspapiere sind gleich.

Niedriger für länger

Die Leitzinsen werden aller Voraussicht nach länger niedriger bleiben. Laut Prognosen wird der Status quo noch bis weit ins Jahr 2022 anhalten. Selbst wenn die Zinsen in naher Zukunft wohl nicht mehr das Niveau erreichen, das wir vor 10 oder 20 Jahren zuletzt gesehen haben, sind wir dennoch der Ansicht, dass „Core“-Anleihen ihre Rolle als wichtiges strategisches Risikomanagement-Instrument innerhalb von Portfolios behalten werden, um die Auswirkungen volatilerer Vermögenswerte in Krisen auszugleichen. Wie wir zur Überraschung mancher zeigen werden, scheint diese Eigenschaft unabhängig vom Ausgangsniveau der Zinsen zu sein.

Wir analysieren mehrere Kategorien von Investment-Grade-Anleihen, wie den Bloomberg Barclays US Aggregate Bond Index, US-Staatsanleihen mit verschiedenen Laufzeiten und Hypothekenanleihen (MBS), die alle typische Komponenten einer Allokation in Kernanleihen sind, aber auch US-Hochzinsanleihen, die in die Kategorie der Satelliten-Anleihen fallen.

Die zweite Gruppe von vertikalen Punkten stellt den Drawdown von ‑49 Prozent des S&P dar, der mit dem Platzen der Dot-Com-Blase von März 2000 bis September 2002 einherging. Auch hier können wir dasselbe Muster bei den Anleiherenditen beobachten: eine negative Performance bei Hochzinsanleihen und eine positive Performance bei „Core“-Anleihen.

Niedrigzins schmälert Spielräume, Anleihen behalten aber Schlüsselrolle

Da wir uns in ein Umfeld bewegen, in dem länger niedrigere Zinsen herrschen werden, könnte man davon ausgehen, dass Kernanleihen keinen so guten Ausgleich zu Aktien und anderen Risikoanlagen mehr bieten, weil die Anleiherenditen weniger Spielraum haben, wenn wir uns auf null zubewegen. Wir verstehen zwar die Auffassung, dass höhere Renditen in Phasen einer steigenden Risikoaversion einen stärkeren Puffer bieten können – doch wir sind nicht der Ansicht, dass die niedrigen Renditen von „Core“-Anleihen nicht mehr in der Lage sind, das Portfoliorisiko insgesamt zu mindern. Trotz fallender Renditen blieben die Korrelationen zwischen den Aktienrenditen und den Renditen von Investment-Grade-Anleihen negativ und der Trend geht sogar noch nach unten. Selbst in einem schwierigeren Marktphasen spielen Anleihen als Kernanlage weiterhin eine Schlüsselrolle in Portfolios: Sie tragen zur nachhaltigen Unterstützung der Performance genau dann bei, wenn diese am meisten benötigt wird. (ah)

Julia Rees, Head of Portfolio Strategy, EMEA und AeJ, Strategic Advisory Solutions, bei Goldman Sachs Asset Management 

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