Anleger sollten nach Norwegen oder in die Schweiz blicken

Aktuell steht der europäische Kontinent wieder mehr im Fokus des Interesses der Investoren. Eine gewisse Abkehr von US-Titeln ist seit geraumer Zeit zu beobachten. Doch wie attraktiv ist Europa wirklich? Dr. Holger Schmitz vom Vermögensverwalter Schmitz & Partner redet Klartext. Die Chefredaktion sprach mit ihm Anfang Mai.
20. Juni 2025
Dr. Holger Schmitz - Foto: Copyright Schmitz & Partner

Aktuell steht der europäische Kontinent wieder mehr im Fokus des Interesses der Investoren. Eine gewisse Abkehr von US-Titeln ist seit geraumer Zeit zu beobachten. Doch wie attraktiv ist Europa wirklich? Dr. Holger Schmitz vom Vermögensverwalter Schmitz & Partner redet Klartext. Die Chefredaktion sprach mit ihm Anfang Mai.

 

INTELLIGENT INVESTORS: Herr Dr. Schmitz, was dürfen wir von der EZB im weiteren Jahresverlauf erwarten?

Dr. Holger Schmitz: Ganz klar: Die EZB wird die Zinsen noch weiter senken. Während beispielsweise die Schweiz mit der Schweizerischen Nationalbank (SNB) über eine komplett unabhängige Zentralbank verfügt, lassen sich die Währungshüter in der Eurozone ihren Kurs von der Politik diktieren. Geld- und Fiskalpolitik werden in der Eurozone vermischt: Verschwendungssüchtige Politiker üben Druck auf die EZB aus, da sie ihre teuren Geschenke und sozialen Wohltaten für das Wahlvolk günstig finanzieren wollen. Schauen Sie sich doch das deutsche sogenannte Sondervermögen an, bei dem es sich eigentlich um nichts anderes als Sonderschulden handelt. Die Verbindlichkeiten der Bundesrepublik könnten dadurch von 60 % auf rund 90 % des Bruttoinlandsprodukts steigen. In der Eurozone liegen sie durchschnittlich bereits bei 100 %. Und um diese finanzieren zu können, sind die Länder auf niedrige Zinsen angewiesen.

II: Wie attraktiv sind europäische Aktien aktuell und mit Blick auf die Zukunft?

Schmitz: Hier müssen wir strikt trennen: Um Aktien aus dem Euroraum sollten Anleger einen großen Bogen machen. Denn damit investieren sie in eine heute schon schwache Währung, die immer wachsweicher wird, da die Schulden in der Währungsgemeinschaft unaufhörlich steigen. Die Folge sind sichere Kaufkraftverluste. Unser Heimatkontinent bietet aber durchaus interessante Investmentchancen, nur eben nicht in der Eurozone. Anleger sollten nach Norwegen oder in die Schweiz blicken. Denn diese Länder beheimaten nicht nur starke Unternehmen, sondern verfügen gleichzeitig über eine harte Währung – dank niedriger Staatsschulden und einer unabhängigen Notenbank.

II: Europa ist sehr heterogen. Wo erkennen Sie speziell Chancen? Wie sehen Sie die aktuelle Lage in der europäischen Peripherie?

Schmitz: Zum einen wie gesagt in Ländern mit starker Währung wie der Schweiz oder Norwegen, zum anderen könnte sich ein Blick in Richtung Osteuropa auszahlen. Ich gehe davon aus, dass Länder wie Polen von einem Ende des Kriegs in der Ukraine und dem anschließenden Wiederaufbau des Landes in besonders hohem Maße wirtschaftlich profitieren werden.

II: Welche Segmente haben Sie, auch im internationalen Vergleich, im Fokus?

Schmitz: Mein Fokus liegt weniger auf Branchen als auf Währungen und Unternehmen. Schauen Sie beispielsweise Nestlé an. Der Schweizer Lebensmittelriese produziert in mehr als 180 Ländern und ist dadurch immun gegen Zölle. Er verfügt über eine riesige Marktmacht und kann daher Preissteigerungen an seine Kunden weitergeben. Außerdem erhöht er Jahr für Jahr die Dividende. Kurzum: Es ist ein Unternehmen, wie es sich Anleger nur wünschen können. Es gibt aber noch weitere spannende Aktien, darunter der norwegische Erdöl- und Erdgaskonzern Equinor oder Tomra Systems, ein an der Osloer Börse notierter Hersteller unter anderem von Pfandautomaten.

II: Was gehört aus Ihrer Sicht noch ins Portfolio?

Schmitz: Aktien sind die Basis jeder Vermögensanlage. Denn wie schon mein Mentor, die Börsenlegende André Kostolany, sagte: „Kurzfristig ist es riskant, Aktien zu haben, langfristig ist es riskant, keine Aktien zu haben.“ Ergänzend sollten Anleger auf Gold und Silber zurückgreifen. Denn anders als die Papiergeldmenge, die nahezu beliebig aufgebläht werden kann, um die Übersetzung des lateinischen Ausdrucks „inflare“ zu nutzen, kann das Goldangebot nur sehr begrenzt erhöht werden. Die jährliche Goldmenge wächst lediglich um 2 %. Wer über einen längeren Zeitraum seine Kaufkraft erhalten will, kommt an Gold – und auch an Silber – daher nicht vorbei. Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund der immer weiter steigenden Staatsverschuldung rund um den Globus

II: Deutschland und Frankreich galten als Tandem der europäischen Integration. Hierzulande sind wir auch in den OECD-Prognosen abgestürzt. Was ist Ihre Erwartungshaltung zur neuen Regierung?

Schmitz: Um ehrlich zu sein erwarte ich nichts von der neuen deutschen Regierung. Deutschland braucht dringend einen Umschwung, den hat die SPD schon im Koalitionsvertrag verhindert. Es ist frech, dass die Sozialdemokraten als eindeutiger Wahlverlierer in der neuen sogenannten Großen Koalition einen derart starken Einfluss geltend machen können. Es ist eine Blockadepartei, die nur an die Umverteilung des bereits erwirtschafteten Wohlstands denkt – nicht aber daran, wie man neuen Wohlstand schaffen kann. Das Problem ist grundsätzlicher Natur: Auf der Mikroebene machen die Politiker den Unternehmen und den Bürgern ständig Vorschriften zur Nachhaltigkeit, zum Beispiel mit dem Verkaufsverbot für Verbrennerautos ab dem Jahr 2035 oder dem Heizungsgesetz. Auf der Makroebene aber können oder wollen sie in ihrem ureigenen Gestaltungsbereich – zum Beispiel Sozialversicherungssysteme, Staatsfinanzen, Euro – nicht auf Nachhaltigkeit und Stabilität achten. Diese Reformunwilligkeit hat zu der aktuellen Situation geführt: Die einseitige Verteilung der Steuereinnahmen auf den übermäßigen Ausbau des Sozialstaats und dafür hingegen viel zu geringe Mittel für die immer mehr verfallende Infrastruktur führten zu dem jüngst beschlossenen riesigen Schuldenpaket – mit dem erneut der deutlich bequemere Weg beschritten wird, die Verschuldung aufzublähen und mit einem dicken Finanzpaket auf Pump die dringend notwendigen Reformen des Sozialstaates in die Zukunft zu verschieben.

II: Bitte legen Sie uns Ihren Investmentansatz kurz dar.

Schmitz: Bei mir steht der Kapitalerhalt der Investments im Zentrum. Der Schlüssel dazu ist aus meiner Sicht die Währung: Es ist Fakt, dass man mit Investments in Euro die Kaufkraft seines Vermögens nicht erhalten kann. Bei der Gemeinschaftswährung handelt es sich – politisch gewollt – um eine Schwachwährung. Gleiches gilt übrigens für den US-Dollar. Um das Vermögen meiner Kunden zu schützen und zu mehren, investiere ich daher in starke Unternehmen aus Ländern wie der Schweiz und Norwegen. Diese Staaten sind gering verschuldet und verfügen über eine unabhängige Notenbank – aus meiner Sicht ein wesentlicher Faktor für eine starke Wirtschaft und eine harte Währung. Daneben setze ich als zusätzliche Absicherung und als Werttreiber auf Edelmetalle wie Gold und Silber, die sich nicht beliebig inflationieren lassen.

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