Am 7. Februar 2025 ist eine Änderung der Anlageverordnung (AnlV) in Kraft getreten, die wichtige Impulse für die institutionelle Kapitalanlage auf der einen Seite und für die Finanzierung der nachhaltigen Transformation in Deutschland auf der anderen Seite geben soll. Wesentliche Elemente dieser Änderungsverordnung sind:
- die Einführung einer dezidierten Infrastrukturquote i.H.v. 5 % des Sicherungsvermögens,
- die Erhöhung der Risikoanlagenquote von 35 % auf 40 % des Sicherungsvermögens, sowie
- die Flexibilisierung der sog. Öffnungsklausel.
Weiterentwicklung der Anlagemöglichkeiten für die bAV
Die lang erwartete Änderung der AnlV war ursprünglich Teil des im letzten Jahr vorgestellten Zweiten Betriebsrentenstärkungsgesetzes (BetriebsrentenstärkungsG II), dessen Verabschiedung durch den Bruch der Ampelkoalition jedoch gestoppt wurde.
Eine Änderung und Modernisierung der AnlV, die dem sich wandelnden Anlageverhalten der betroffenen Institute gerecht wird und neue Anlagemöglichkeiten eröffnet, war längst überfällig und daher von der Branche seit vielen Jahren vehement und wiederholt angemahnt worden. Der jährliche BAI Investor Survey (https://www.bvai.de/fileadmin/Veroeffentlichungen/BAI_Publikationen/BAI_Investor_Survey/BAI_Investor_Survey_2024.pdf) zeigt eindrücklich auf, wie sich seit mehr als einer Dekade das Anlageverhalten institutioneller Investoren ändert. Der Anteil alternativer Anlageklassen am Gesamtportfolio hat sich dynamisch in Richtung 25 % entwickelt, wobei einzelne Investoren(gruppen) sogar deutlich oberhalb dieser Benchmark allokieren.
Mit der Reform der betrieblichen Altersversorgung, einem zentralen Vorhaben der Ampel-Koalition, sollten daher auch gezielte Maßnahmen für die Erweiterung und Verbesserung der Anlagemöglichkeiten für Pensions- und Sterbekassen, kleinen – Solvency I – Versicherungsunternehmen, aber auch für die – mittelbar betroffenen — Versorgungswerke – angegangen werden, eben durch die Novelle der AnlV. Nach dem Scheitern der Ampelkoalition war es aber dennoch konsequent und folgerichtig, dass das Bundesministerium der Finanzen die Änderung der AnlV aus dem ursprünglichen Gesetzespaket herauslöste und als eigenständige Verordnung verabschiedete.
Gegenüber dem Regierungsentwurf des BetriebsrentenstärkungsG II gab es insoweit keine weiteren Änderungen bzw. Ergänzungen, was in erster Linie auf formale Gründe zurückzuführen ist. Die Begründung zu den neuen Vorschriften in der AnlV verweist daher auch schlichtweg auf die entsprechende Begründung zum damaligen Regierungsentwurf. Dennoch ist zu konstatieren, dass es durchaus weiteren Änderungsbedarf bei der AnlV gibt, so dass zu hoffen bleibt, dass die nächste Bundesregierung das Thema zeitnah erneut aufnehmen wird. In diesem Zusammenhang ist auch zu erwähnen, dass die neuen Regeln nicht für Pensionsfonds nach Maßgabe der Pensionsfonds-Aufsichtsverordnung (PFAV) gelten. Diese wurde nicht geändert, so dass für diese weiterhin der Grundsatz gilt, dass bestimmte Anlagen in Investmentvermögen, die weder Private Equity/Debt-Fonds noch Immobilienfonds sind, auf ein vorsichtiges Maß zu beschränken sind (§ 18 Abs. 1 Satz 2 PFAV). Insofern gibt es für diese Investorengruppe keine wirklichen Anreize bzw. Erleichterungen für Investitionen in Infrastrukturanlagen.
Einführung einer Infrastrukturquote
Besondere Aufmerksamkeit erlangte bereits bei der Vorstellung des BetriebsrentenstärkungsG II die Einführung einer eigenständigen Infrastrukturquote i.H.v. 5 % des Sicherungsvermögens. Bisher war diese zentrale Anlageklasse im Konzept der AnlV nicht explizit vorgesehen, was nicht nur angesichts deren stetig wachsenden Bedeutung unverständlich war. Investitionen im Bereich Infrastruktur waren zwar durchaus möglich, aber diese waren mit diversen praktischen und regulatorischen Fragen verbunden, wie z. B. der Zuordnung im Anlagekatalog bzw. bei den Mischungsquoten. Bisher wurden Infrastrukturanlagen beispielsweise in der Risikokapitalanlagenquote bzw. der Beteiligungsquote, alternativ ggf. im Rahmen der Immobilienquote erfasst. Diese Quoten sind jedoch häufig ausgelastet und konnten aufgrund der Quotenkonkurrenz mit anderen alternativen Anlagen nicht weiter genutzt werden.
Nachdem NRW in der entsprechenden AnlV für Versorgungswerke als Pionier in Deutschland eine Infrastrukturquote eingeführt hatte und dies von den betroffenen Versorgungswerken überaus positiv aufgenommen wurde, gab es breiten Konsens, dass dieser Ansatz auch auf Bundesebene verfolgt werden sollte. Entsprechend wurde nun in der AnlV für Infrastrukturanlagen eine eigenständige Mischungsquote eingeführt, ohne jedoch explizit zu definieren, was Infrastruktur ist. Die Besonderheit der neuen Quote besteht darin, dass diese nicht auf andere Quoten anzurechnen ist. Mit anderen Worten: auch die Risikokapitalanlagenquote, die Beteiligungsquote, oder die Quote für alternative Anlagen können weiterhin genutzt werden, auch für Infrastrukturanlagen, ohne dass es zu einer Anrechnung auf diese Quote kommt. Es gibt also kein Exklusivitäts- oder Ausschlußverhältnis der Quoten. Infrastrukturinvestitionen können also – müssen aber nicht, auch nicht vorrangig – unter die neue Infrastrukturquote subsumiert werden. Voraussetzung ist lediglich die Zulässigkeit des Erwerbs nach den Bestimmungen über eine der bisherigen Anlagekategorien (§ 2 Abs. 1 AnlV), allerdings soll die Geeignetheit für die sogenannte Öffnungsklausel gemäß Gesetzesbegründung nicht genügen.
Die neue Quote gilt für direkte und indirekte Anlagen zur Finanzierung (mittels Eigenkapital- oder Fremdkapitalinstrumenten) von sowohl Infrastrukturanlagen als auch Infrastrukturunternehmen, die der Errichtung, dem Ausbau, der Sanierung, der Erhaltung, dem Bereitstellen, dem Halten, dem Betreiben oder dem Bewirtschaften von Infrastruktur dienen. § 2 Abs. 1 Nr. 13 b AnlV enthält nun zudem durch den Verweis auf § 261 Abs. 1 Nr. 4 KAGB die Klarstellung, dass auch Infrastruktur-Projektgesellschaften im Rahmen sog. Beteiligungsinstrumente gehalten werden dürfen. Diese in der Praxis sehr wichtige Klarstellungen wurde nach der vorgeschalteten Konsultation zum BetriebsrentenstärkungsG II aufgenommen, nachdem es entsprechende Petita aus der Branche gegeben hatte.
Erhöhung der Risikokapitalquote
Eine weitere wichtige Änderung der AnlV betrifft die Erhöhung der Risikokapitalanlagenquote von 35 % auf 40 %. In ihr werden – neben Aktieninvestments, nachrangigen Forderungen, Genussrechten, etc. — insbesondere auch die Mehrzahl von alternativen Anlageklassen wie Private Equity, Private Debt, Hedgefonds, Immobilien, etc. zusammengefasst. Bei diversen Investoren(gruppen) wird diese Quote – nahezu – ausgeschöpft, so dass diese Anhebung wichtig und praxisgerecht ist. Diese Entlastung kommt daher auch vielen Engagements im Zusammenhang mit Infrastruktur und erneuerbaren Energien zugute und ist auch vor diesem Hintergrund zu begrüßen.
Flexibilisierung der Öffnungsklausel
Eine weitere Neuerung ist die Flexibilisierung der sog. Öffnungsklausel, die nunmehr auch in Fällen nutzbar ist, in denen eine Kapitalanlage bei einem Aussteller bzw. Schuldner die anwendbare Streuungsgrenze (z. B. i.H.v. 1 % des Sicherungsvermögens für eine Beteiligung an einem geschlossenen Fonds) überschreiten würde. Die Öffnungsklausel gilt bisher für Anlagen, die nicht unter den regulären Anlagekatalog der Anlageverordnung fallen oder für die eine oder mehrere Mischungsquoten bereits ausgelastet sind. Die geänderte Anlageverordnung sieht nunmehr vor, dass die Öffnungsklausel auch dann genutzt kann, wenn eine Streuungsgrenze überschritten würde. Eine Erweiterung der Öffnungsklausel geht damit allerdings nicht einher. Es bleibt bei einer Begrenzung auf 5 % des Sicherungsvermögens mit der Möglichkeit einer individuellen Erhöhung auf 10 %.
Fazit
Die jüngste Änderung der AnlV ist eine sehr wichtige, allerdings auch längst überfällige, Weiterentwicklung des Anlagerahmens für die erfassten Institute. Sie erscheint auf jeden Fall geeignet dadurch auch signifikante private Mittel für die Finanzierung der nachhaltigen Transformation freizusetzen. Allerdings gibt es weiterhin Verbesserungsbedarf in der AnlV selbst und zudem muss auch das nachgelagerte Anlagerundschreiben der BaFin überarbeitet und vereinfacht werden. Dann wird die Reform zum großen Wurf!
Autor: Frank Dornseifer, Geschäftsführer, Bundesverband Alternative Investments e.V. (BAI)




