Das Beispiel verdeutlicht, wie Hedgefonds „Alpha“-Chancen vor dem Hintergrund einer verschärften Nachhaltigkeits-Regulierung nutzen können. Tatsächlich bestehen starke Anreize zur Umsetzung von SDG-Kriterien, denn gut geführte und nachhaltig wirtschaftende Unternehmen erzielen in der Regel auch bessere Ergebnisse. Hedgefonds, die als aktive Investoren auftreten und den Wert ihrer Investments steigern wollen, können hier Einfluss auf die Unternehmensführung nehmen, wenn sie der Auffassung sind, dass das Management nicht genügend in punkto Nachhaltigkeit unternimmt. Noch existieren allerdings keine verbindlichen Standards zur ökologischen Nachhaltigkeit für alle Marktteilnehmer. Es fehlen häufig nicht nur die entsprechenden Daten, es mangelt insbesondere an einer eindeutigen Definition für nachhaltigkeitskonformes Verhalten. So bleibt etwa umstritten, ob die Wette des US-amerikanischen Hedgefonds Baupost auf Versicherungsansprüche gegen den Energieversorger PG&E, dem eine Mitschuld an den verheerenden Waldbränden in Kalifornien nachgesagt wird, mit SDG-Kriterien vereinbar ist oder nicht. Die Herausforderung für Hedgefonds besteht also darin, die SDG-Kompatibilität ihrer Entscheidungen gegenüber den Investoren nachzuweisen.
Individuelles Reporting für mehr Klarheit
Um die Anlagestrategien von Hedgefonds mit Blick auf das Thema Nachhaltigkeit transparenter zu machen, bieten sich zwei Lösungsansätze an. Zum einen könnten die Hedgefondsmanager ein individuelles Reporting abseits der üblichen SDG- oder ESG-Scores erstellen, die von verschiedenen Datenbankprovidern angeboten werden. Zum anderen wäre es möglich, beispielsweise die Höhe der Performance Fee von der erreichten CO2-Reduktion der Portfoliounternehmen abhängig zu machen. Mit einem „Impact Factor“ ließe sich zudem ein bestimmter Wirkungsgrad vereinbaren, zum Beispiel dass 70 % der investierten Portfoliounternehmen ihre CO2-Emissionen reduzieren. Insgesamt wären solche Maßnahmen sehr gut geeignet, um die Basis für eine glaubwürdige Umsetzung nachhaltigkeitskonformer Investmentstrategien zu schaffen und die Akzeptanz von Hedgefonds auch im Markt der nachhaltigen Investments zu erhöhen.
Da Hedgefonds schon immer flexibler waren als der Investmentmainstream, dürften sie sich auch schnell an das neue Nachhaltigkeits-Regime anpassen. Quantitative Hedgefonds, deren Anlageentscheidungen von Algorithmen gesteuert werden, sind schon heute in der Lage, ihre Portfolios per Knopfdruck so umzustellen, dass Nachhaltigkeitskriterien und entsprechende Reporting-Vorgaben erfüllt sind. Hinzu kommt ihre besondere Stärke bei der Preisarbitrage. Aufgrund der uneinheitlichen und unübersichtlichen Anlagekriterien beim Thema Nachhaltigkeit ergeben sich hier vielfältige Ansatzpunkte. Unterm Strich wirkt die weltweit verschärfte gesetzliche Regulierung im Dienste einer nachhaltigen Wirtschaft deshalb wie eine neue Renditequelle für Hedgefonds.
Autor: Marcus Storr
Head of Alternative Investments
FERI Trust GmbH
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