Langfristig ist es riskant, keine Aktien zu haben

Stehen europäische Aktien vor einem Comeback? Das ist nur eine der zentralen Fragen, die INTELLIGENT INVESTORS im Interview mit Dr. Holger Schmitz (Gründer, Geschäftsführer und Fondsmanager der Schmitz & Partner AG) ansprach.
8. September 2020
Dr. Holger Schmitz - Foto: © Schmitz & Partner AG

Stehen europäische Aktien vor einem Comeback? Das ist nur eine der zentralen Fragen, die INTELLIGENT INVESTORS im Interview mit Dr. Holger Schmitz (Gründer, Geschäftsführer und Fondsmanager der Schmitz & Partner AG) ansprach.

 

INTELLIGENT INVESTORS: Dr. Schmitz, die Corona-Pandemie hat die Welt verändert. Europa macht hier keine Ausnahme. Würden Sie dennoch sagen, dass europäische Aktien auf dem aktuellen Niveau vergleichsweise eher zu den attraktiven Anlageklassen zählen?

Dr. Holger Schmitz: Ich bin davon überzeugt, dass Aktien generell die attraktivste und rentabelste Anlageklasse überhaupt sind. Denn alle Vergleiche beweisen: Die Wertentwicklung von Aktien übersteigt mittel- bis langfristig die Renditen aller übrigen Investment-Alternativen mit deutlichem Abstand. Die geografische Herkunft der Unternehmen spielt hierbei lediglich eine untergeordnete Rolle. Von meinem früheren Weggefährten André Kostolany, für den ich in den späten 1980er Jahren bei der FIDUKA Depotverwaltung gearbeitet habe, stammt hierzu der bekannte Spruch: „Kurzfristig ist es riskant, Aktien zu haben, langfristig ist es riskant, keine Aktien zu haben.“ Diese Erkenntnis halte ich für absolut zutreffend – damals wie heute.

 

II: Wie stehen die Chancen, dass Europa den US-Markt outperformen kann?

Dr. Schmitz: Wie bereits erwähnt denke ich, dass grundsätzlich Aktien als Anlageklasse substanzielle Vorteile mit sich bringen, wohingegen geografische Aspekte weniger stark ins Gewicht fallen. Anstelle des Herkunftslands kommt es für mich immer auf eine Betrachtung des einzelnen Unternehmens an: Wie ist dieses positioniert? Was sind seine Stärken und Schwächen? Wie sind die zugehörigen Ertragsaussichten und sind diese bereits im Börsenkurs eingepreist, oder besteht hier noch Aufwertungspotenzial?

Davon unabhängig ist allerdings festzustellen, dass viele der US-amerikanischen IT-Werte gegenwärtig an der Börse sehr hoch bewertet sind. Das schließt natürlich nicht aus, dass diese Rally noch weiter anhält. Aber wenn der Abstand zu den Börsenkursen anderer Aktien immer weiter zunimmt, wird die Blase eines Tages unweigerlich platzen.

 

II: Was bereitet Ihnen mit Blick auf den Kontinent eher Sorgen?

Dr. Schmitz: Die europäischen Politiker machen mir Sorgen. Denn insbesondere in und durch die Corona-Krise drängt sich die Politik zu sehr in die Freiheit sowohl der Einzelnen als auch der Unternehmen. Hierbei eignet sich die Politik meiner Ansicht nach zu viele Machtbefugnisse an, die sie aller Voraussicht nach nicht mehr so schnell wieder hergeben wird.

Hinzu kommt: Die ohnehin schon viel zu hohe Staatsverschuldung innerhalb der EU steigt immer weiter, zuletzt nochmals sprunghaft durch den von der Politik verursachten Lockdown. Hier hätte man alternative Maßnahmen wählen können, die die am stärksten vom Corona-Virus bedrohten Bevölkerungsschichten gezielt und effektiv schützen, ohne jedoch gleichzeitig das gesellschaftliche und wirtschaftliche Leben fast vollständig abzuwürgen. Die Folge des gewählten Weges waren massive Kollateralschäden, die jetzt durch höhere Staatsausgaben aufgefangen werden sollen. Da sich die öffentliche Hand das Kapital von den Bürgern zurückholen wird, drohen insbesondere Lastenausgleichs- oder einmalige Vermögensabgaben.

Und auch die nochmals intensivierte expansive Geldpolitik der Europäischen Zentralbank dürfte nicht ohne Folgen bleiben. Durch die fortgesetzte Geldmengenausweitung droht eine deutlich steigende Inflation. Für die öffentliche Hand hätte dies nebenbei den Vorteil, dass die immensen Staatsschulden real an Wert verlieren – die Geldentwertung wäre politisch also hochwillkommen.

 

II: Deutschland galt immer als Hort der Stabilität Europas. Sind deutsche Aktien, nach der erstaunlichen Performance in den vergangenen vier Monaten, immer noch per se einen Kauf wert? Welche Sektoren lohnen einen gezielten Blick?

Dr. Schmitz: Auch hier kommt es in erster Linie darauf an, überhaupt in die Anlageklasse investiert zu sein. Bedauerlicherweise sind die Deutschen jedoch nach wir vor sehr skeptisch in Bezug auf Aktien. So haben deutsche Sparer durchschnittlich nur rund 5 Prozent ihres privaten Vermögens in Aktien allokiert – und verpassen dadurch unnötig die Chance auf die höchsten Renditen, gerade langfristig betrachtet. Hier ist aus meiner Sicht weitere Aufklärungsarbeit gefragt, um über die Vorteile von Aktien-Investments zu informieren.

 

II: Wie sehen Sie die aktuelle Lage in der europäischen Peripherie?

Dr. Schmitz: Durch die Unfähigkeit und den Unwillen der politisch Verantwortlichen in den südeuropäischen Staaten haben es diese Länder versäumt, in den vergangenen Jahren wirtschaftlicher Prosperität ihre Staatsverschuldung auf ein annehmbares Maß zurückzuführen. Im Gegenteil: Die Verschuldung wurde selbst in Boom-Phasen sogar noch deutlich ausgeweitet und das Kapital für konsumtive Zwecke anstelle wichtiger und notwendiger Investitionen eingesetzt. Jetzt in der Krise rufen diese zuvor untätigen Staaten nach Hilfe, geradezu so, als wären sie vollkommen unverschuldet in die missliche Lage geraten. Doch auch wenn natürlich die Corona-Krise niemand vorhersagen konnte, war es geradezu unvermeidlich, dass sich diese Situation früher oder später einstellen würde. Und ganz besonders laut wird natürlich in Richtung Deutschland um Hilfe gerufen, da die Bundesrepublik das größte und wirtschaftlich stärkste Land der EU ist.

Ich halte dies für ein Fass ohne Boden, da es innerhalb der Staatengemeinschaft ganz offenbar keinen Willen dazu gab und jetzt erst recht nicht gibt, schlecht wirtschaftende Staaten für ihr Handeln selber verantwortlich zu machen. Stattdessen wird mit immer neuen Transfers und Krediten ein System künstlich am Leben gehalten, das zu einer sich immer weiter verschlechternden Situation für alle Beteiligten führt. Und ich bin mir sicher: Auch den Euro wird diese Entwicklung früher oder später zum Platzen bringen.

 

II: Können Sie uns Ihren Ansatz kurz darlegen?

Dr. Schmitz: Mit den zwei Fonds Schmitz & Partner Global Offensiv und Schmitz & Partner Global Defensiv manage ich zwei vermögensverwaltende Fonds. Die Strategie beider Produkte ist komplementär, daher sollten die Fonds stets im Zusammenhang betrachtet werden. Denn durch Mischungen beider Strategien können Anleger nahezu beliebige und vor allem individuell passende Rendite-Risiko-Verhältnisse abbilden. Zudem ist die Schnittmenge zwischen den Portfolien beider Schmitz & Partner-Fonds null, d.h. es wird kein Titel für beide Strategien gleichzeitig allokiert.

Zum Ende des ersten Halbjahres 2020 rangierte der Schmitz & Partner Global Offensiv bei der Wertentwicklung unter den besten 4 Prozent von über 1.000 Fonds, der Schmitz & Partner Global Defensiv war sogar auf Platz 3 unter mehr als 300 Fonds. Das lag insbesondere daran, dass wir den Börseneinbruch zwischen dem 13. und 23. März 2020 für Zukäufe bei Aktien genutzt und dafür Liquiditätsreserven abgebaut haben. (ah)

Dr. Holger Schmitz — Foto: © Schmitz & Partner AG

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