Die Ergebnisse der Europawahlen an diesem Wochenende haben die politische Landschaft in Europa in Aufruhr versetzt, da rechtsextreme Parteien auf dem ganzen Kontinent zulegen konnten. Die wohl wichtigste Nachricht war das Ergebnis in Frankreich, wo Präsident Emmanuel Macron vorgezogene Neuwahlen ansetzte, nachdem die von Marine Le Pen und Jordan Bardella angeführte Rallye Nationale mehr als doppelt so viele Stimmen wie Macrons zentristische Koalition erhalten hatte. Die Entwicklungen in Frankreich untermauern das Argument, dass Anleger die politischen Entwicklungen im Jahr 2024 sorgfältig verfolgen müssen und warum die „politische Neuausrichtung“ einer der wichtigen Faktoren ist.
Für Frankreich war dies ein bedeutender Moment. Macrons Popularität lässt schon seit einiger Zeit nach, aber das Ausmaß des Verlustes hat zu seiner Entscheidung geführt und den Weg für vorgezogene Wahlen geebnet. Der anfängliche Schock wird zweifelsohne die französischen Risikoanlagen und insbesondere die Binnenmarkt orientierten Unternehmen in den nächsten Wochen belasten, wenn nicht sogar länger, je nach Wahlausgang. Zwar waren die Veränderungen in Frankreich am dramatischsten, doch spiegeln sie auch die zunehmende Unterstützung für nationalistische/protektionistische Parteien in ganz Europa wider.
Rückschlag für grenzüberschreitende Integration
Daraus ergeben sich bestimmte Konsequenzen. Das Ergebnis in Frankreich ist ein Rückschlag für die grenzüberschreitende Integration der Europäischen Union (EU), für die sich Macron eingesetzt hat. Für die Banken ist dies wahrscheinlich negativ, da die Erwartungen an europaweite Fusions- und Übernahmetätigkeiten in der Branche, die zu einem stärker konsolidierten Markt führen, nun zurückgeschraubt werden. Es stellt auch einen Rückschlag für Europas Fähigkeit dar, eine kontinentweite Industriepolitik zu entwickeln, die mit den milliardenschweren „Autarkiestrategien“ der USA und Chinas konkurrieren kann.
Zum Zeitpunkt der Erstellung dieses Berichts haben die europäischen Märkte zwar nachgegeben, aber nicht übermäßig, und der Euro hat sich abgeschwächt. Während ein schwächerer Euro es der Europäischen Zentralbank erschwert, die Zinsen zu senken, dürfte interessant sein zu sehen, wie sich die Zinserwartungen ändern. Unseres Erachtens besteht nach der Zinssenkung der letzten Woche immer noch eine gewisse Wahrscheinlichkeit, dass sich die Geldpolitik weiter bewegen wird. Eine schwächere Währung könnte auch für europäische Exporteure und Small Caps etwas hilfreich sein. Die politischen Schwankungen in Europa sind ebenfalls ein bekannter Faktor. Die Rechte hat schon früher Wahlen in Europa gewonnen, doch hat dies selten zu einem dramatischen Politikwechsel geführt.
Für Europa insgesamt würden wir sagen, dass dies wahrscheinlich eine kleine Abwertung darstellt, die den bisher starken Ausblick für europäische Aktien im Jahr 2024 etwas trübt. Die Ergebnisse der EU-Parlamentswahlen entsprachen im Großen und Ganzen den Umfragedaten im Vorfeld der Wahlen. Das deutet darauf hin, dass die Risiken bis zu einem gewissen Grad bereits eingepreist waren. Allerdings könnten diese Ergebnisse die Stimmung in der Region etwas trüben, da die politischen Risiken, die im vergangenen Jahr etwas im Hintergrund standen, den Anlegern in Erinnerung gerufen wurden.
Das Narrativ bleibt bestehen
Europa ist auch nicht nur eine nationale Angelegenheit. Der Kontinent ist Sitz zahlreicher Weltmarktführer, die zufälligerweise mit einer europäischen Postanschrift gelistet sind. Für sie sieht es so aus, als würden sie sich parallel zur Weltwirtschaft erholen. Zusammenfassend lässt sich sagen, dass wir dies als leichten Rückschlag für die Region betrachten. Da die starke Bewertung im Vergleich zu den USA bestehen bleibt und die in Europa ansässigen Unternehmen global tätig sind, bedeutet dies jedoch keine wesentliche Veränderung der Situation.